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Interview

Risklayer hört mit Erfassung auf : Corona-Zahlen "politisch weniger relevant"

Datum:

Omikron hat die pandemische Lage verändert. Der Thinktank "Risklayer" hört mit der Erfassung der Corona-Fallzahlen auf. Mitbegründer Schäfer erklärt, warum.

Mehrere Corona-Tests liegen auf einem Tisch.
Das Team von "Risklayer" hat seit Beginn der Pandemie Corona-Daten gesammelt - auch ZDFheute benutzte sie für die Berichterstattung.
Quelle: dpa

ZDFheute: Sie und Ihr Team haben zwei Jahre lang Corona-Fallzahlen gesammelt. Warum hören Sie damit jetzt auf?

Andreas Schäfer: Zum einen war es für uns durchaus eine Arbeitsbelastung. Wir haben jeden Tag mehrere Stunden neben der eigentlichen Arbeit auf die Sammlung der Fallzahlen verwendet. Ohne die Unterstützung aus der Bevölkerung wäre dieses Projekt kaum möglich gewesen. Hinzu kommt, dass in Anbetracht des aktuellen Pandemie-Geschehens unsere Arbeit nicht mehr so notwendig ist wie noch vor wenigen Monaten. Die pandemische Lage hat sich verändert.

Durch Omikron haben wir eine Vervielfachung der Infektionen, während es im Vergleich zur Delta-Variante weniger schwere Krankheitsverläufe gibt. Dadurch, dass die Maßnahmen nicht mehr von der Inzidenz abhängig sind, sind die reinen Fallzahlen politisch weniger relevant geworden. Aber auch die Erfassung der Infektionszahlen ist weniger aussagekräftig geworden. Es infizieren sich viel mehr Leute, als durch PCR-Tests nachgewiesen werden. Dadurch steigt natürlich auch die Dunkelziffer. 

ZDFheute: "Risklayer" beschäftigt sich eigentlich mit der Analyse von Naturkatastrophen wie Erdbeben und Tsunamis. Warum haben Sie begonnen, Corona-Zahlen zu sammeln?

Schäfer: Aus Interesse an der Sachlage. Wir wollten verstehen, was da stattfindet. Schon im Januar 2020, als sich das Virus in China ausgebreitet hat, haben wir angefangen, Daten zu sammeln und sie aufzubereiten. Später haben wir erkannt, dass es nicht ausreicht, die Fallzahlen einzelner Bundesländer abzubilden. Um zu verstehen, wie sich das Virus über Grenzen hinweg verbreitet, musste man mindestens bis auf die Zahlen der Landkreise runtergehen.

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Beitragslänge:
44 min
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ZDFheute: Was haben Sie dabei anders gemacht als das RKI?

Schäfer: Anfangs hat man sich beim RKI noch an langen Meldeketten orientiert. Die Gesundheitsämter haben die Zahlen zunächst an die Landesgesundheitsämter übermittelt, die diese dann erst an das RKI gemeldet haben. Dadurch, dass wir die Daten direkt aus den einzelnen Gesundheitsämtern abgerufen haben, hatten wir oft den Vorteil, dass wir die Zahlen schneller zur Verfügung stellen konnten.

Man muss dazu sagen, dass die Anforderungen, die an solch eine Datensammlung gestellt werden, erst mal nicht ins Aufgabenfeld des RKI fallen.

Für uns war es natürlich, diese Daten zu sammeln, das RKI musste sich diese Expertise erst einmal aneignen. Diese anfänglichen Unterschiede sind aber mittlerweile ausgeglichen.
Andreas Schäfer

Das RKI hat sich in den letzten zwei Jahren deutlich verbessert, qualitativ ist da kein Unterschied mehr.

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Grafiken

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ZDFheute: Würden Sie wieder anfangen, Fallzahlen zu sammeln, sollte sich die Pandemie-Lage verändern?

Schäfer: Ich würde es zumindest nicht ausschließen. Es besteht natürlich auch weiterhin Interesse an der Corona-Situation. Wir versuchen daher weiterhin zu analysieren, wie sich die Pandemie entwickelt. Sollte es eine neue Variante geben, die die Pandemie noch mal gefährlicher macht, könnte es für uns wieder relevant werden, Informationen zu sammeln.

ZDFheute: Wie blicken Sie auf die kürzlich beschlossenen Lockerungen?

Schäfer: Die Pandemie ist noch nicht vorbei, das muss man weiterhin klar formulieren. Durch Omikron und eine verhältnismäßig hohe Impfquote ist es zwar durchaus vertretbarer geworden, dass höhere Inzidenzen stattfinden. Die Leute sind durch ihr Immunsystem besser gewappnet. Aber man muss auch ehrlich eingestehen, dass wir durch die aktuelle Variante, aber auch durch politische Entscheidungen, deutlich weniger Überblick darüber haben, wie sie sich die Leute überhaupt infizieren. Das heißt, wir haben aktuell kein vollständiges Bild über die Infektionsdynamik.

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ZDFheute: In was für eine Richtung entwickelt sich die Pandemie?

Schäfer: Das ist schwer zu sagen. Ich persönlich habe natürlich die Hoffnung, dass wir auf einen ruhigen Sommer zusteuern. Die Fallzahlen sind zwar noch auf einem recht hohen Niveau, auch die Intensivzahlen stagnieren leider, aber da könnte uns noch die Witterung in die Hände spielen.

Ich bin milde optimistisch, dass wir das Schlimmste hinter uns haben, aber wir haben es eben noch nicht komplett hinter uns.
Andreas Schäfer

Gerade Long Covid wird aktuell noch zu wenig thematisiert, da wird noch viel Aufbereitungsarbeit notwendig sein. Dazu brauchen wir noch mehr öffentlich zugängliche Daten, damit wir verstehen können, wie sich dieses Virus weiterhin auf uns als Gesellschaft auswirkt.

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ZDFheute: Hat sich Deutschland in Bezug auf die Sammlung und Übermittlung von Daten weiterentwickelt?

Schäfer: Ein bisschen, aber es ist noch viel zu tun. Durch Corona wurde eine gewisse Arbeitserfahrung in Bezug auf Pandemien aufgebaut. Jedoch haben wir bei anderen Ereignissen, beispielsweise beim Ahrtal-Hochwasser gemerkt, dass die Informationsinfrastruktur überfordert gewesen ist.

Grundsätzlich ist es in Deutschland noch immer schwierig, an Dateninformationen zu kommen. Das hat teilweise bürokratische oder auch technische Gründe. Wir haben daher noch einiges zu lernen, was den freien Zugang zu Informationen angeht, und werden bei jedem Ereignis neue Lücken feststellen müssen.

Das Interview führte Lilover Laylany-Rodriguez.

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