Die EMA hat grünes Licht für die Zulassung des Novavax-Impfstoffs geben. Warum dieser eigentlich kein Totimpfstoff ist und dennoch Skeptiker überzeugen könnte.
Der Corona-Impfstoff des US-Herstellers Novavax ist offiziell in der EU zugelassen. Nach einer entsprechenden Empfehlung der EU-Arzneimittelbehörde EMA erteilte die EU-Kommission dem Impfstoff am Montag die bedingte Marktzulassung, wie EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen mitteilte. Es ist der fünfte Impfstoff mit EU-Zulassung.
In der Europäischen Union sind bisher Covid-19-Impfstoffe der Hersteller Biontech/Pfizer, Moderna, AstraZeneca sowie Johnson & Johnson (J&J) zugelassen. Die Staatengemeinschaft hat sich bei Novavax bis zu 200 Millionen Dosen gesichert.
Wie funktioniert der Novavax-Impfstoff?
Nuvaxovid besteht laut Paul-Ehrlich-Institut (PEI) aus virusähnlichen Partikeln, die das Spike-Protein des Coronavirus enthalten. Die Proteine werden vom Körper als fremd erkannt und das Immunsystem wird hochgefahren - spezifische Antikörper und T-Zellen werden gebildet. Damit ist man vor einer echten Infektion besser gewappnet.
mRNA-Präparate zum Beispiel funktionieren anders. Hier werden Körperzellen mit Hilfe von Erbgutschnipseln angeregt, selbst das Spike-Protein herzustellen, um eine Immunantwort auszulösen.
Geschäfte mit manipulierten Corona-Zertifikaten
Wie gut wirkt der neue Impfstoff von Novavax?
In einer Zulassungsstudie von Novavax lag die Wirksamkeit in Bezug auf Erkrankungen bei 90 Prozent. Das bedeutet, unter den Probanden der geimpften Gruppe traten 90 Prozent weniger Erkrankungen auf als unter den Probanden einer Kontrollgruppe.
Es wurden zwei Dosen im Abstand von drei Wochen verabreicht. Allerdings beziehen sich die Ergebnisse hauptsächlich auf die Alpha-Variante, die in Deutschland so gut wie vollständig von Delta verdrängt wurde.
Bald dürfte Experten zufolge die neue Variante Omikron das Infektionsgeschehen stark beeinflussen. "Auch dieser Impfstoff wird an Omikron angepasst werden müssen", schrieb Carsten Watzl, Generalsekretär der Deutschen Gesellschaft für Immunologie, kürzlich mit Blick auf das Novavax-Mittel auf Twitter.
Wieso warten manche Menschen auf bestimmte Impfstoffe?
Einige scheinen ein größeres Vertrauen in Vakzine zu haben, die nach klassischen Verfahren hergestellt werden. So gibt es bei manchen ein Misstrauen gegen die neue mRNA-Technologie, auf denen die Impfstoffe von Moderna und Biontech/Pfizer beruhen. Es gibt die Befürchtung, dass diese bisher unbekannte Langzeitschäden verursachen könnten.
Fußball-Nationalspieler Joshua Kimmich (FC Bayern) etwa hatte sein Impfzaudern zunächst mit "ein paar Bedenken, gerade, was fehlende Langzeitstudien angeht" erklärt. Nach emotionalen Debatten und einer Corona-Infektion kündigte er kürzlich an, sich nun doch impfen zu lassen.
Experten halten es für nahezu ausgeschlossen, dass bei den zugelassenen Impfstoffen noch unbekannte Langzeitfolgen auftreten.
Wenn es um Alternativen zu den zugelassenen Impfstoffen geht, fällt oft der Begriff Totimpfstoff. Was steckt dahinter?
Totimpfstoffe enthalten laut Bundesforschungsministerium abgetötete, also nicht mehr vermehrungsfähige Krankheitserreger. Sie können auch nur Bestandteile oder einzelne Moleküle dieser Erreger enthalten. Beispiele sind Impfstoffe gegen Hepatitis A und Influenza. Der Körper kann dabei den Totimpfstoff nicht vom Erreger unterscheiden und fährt eine gezielte Immunabwehr hoch, die vor einer echten Infektion schützt.
Für manche Menschen, die bislang eine Impfung ablehnen, klingt dieser Ansatz "natürlicher" als beispielsweise der von mRNA-Impfstoffen.
Max hat sich in Südafrika mit Omikron infiziert - trotz Impfung. Daraufhin verbringt er seine Quarantäne in einem Hotel am Münchner Flughafen.
Ist die Klasse der Totimpfstoffe denn klar abgegrenzt?
Nein. Der Begriff wird nicht einheitlich verwendet. Wenn die Definition lautet, dass das echte Virus oder zumindest Teile davon im Impfstoff enthalten sein müssen, wäre zum Beispiel Novavax im engeren Sinne gar kein Totimpfstoff. Denn der entscheidende Bestandteil, der die Immunantwort auslösen soll, wurde nicht einem echten Virus entnommen, sondern ist ein gentechnisch hergestelltes Virus-Protein.
Andererseits könnte man auch sagen, alle Impfstoffe ohne lebende - also vermehrungsfähige - Erreger sind Totimpfstoffe.
Was viele mit Totimpfstoff meinten, seien "Impfstoffe, die auf Prinzipien beruhten, die man auch bei anderen Impfungen anwendet".
"Die Klassifizierung von Impfstoffen in Lebendimpfstoffe einerseits und Totimpfstoffe andererseits wurde in einer Zeit vorgenommen, als die Impfstoffentwicklung eher noch am Anfang stand und die Biotechnologie noch keine so große Rolle spielte", schreibt dazu das Paul-Ehrlich-Institut auf Anfrage von ZDFheute.
"Novavax als Totimpfstoff zu bezeichnen, würden wir nicht als grundsätzlich falsch bewerten, aber die Bezeichnung "Proteinimpfstoff", der rekombinant hergestellt wurde, trifft es präziser und entspricht einer zeitgemäßen Einordnung und unseren Formulierungen."
Welche Impfstoffe gegen Covid-19 könnten noch bald kommen?
Mehrere Produkte sind im sogenannten Rolling-Review-Verfahen der EMA schon in der Begutachtung, obwohl noch nicht alle Teile des Zulassungsantrags vorliegen. Die Impfstoffe der Hersteller Sinovac und Valneva (Frankreich) enthalten beispielsweise abgetötete Coronaviren.
Lohnt es sich, auf andere Impfstoffe zu warten?
"Wenn sich jemand nur mit einem solchen Impfstoff impfen lassen will, dann ist das immer noch besser als komplett ungeimpft zu sein", sagt Immunologe Watzl. Darauf zu warten, hält er aber für unklug - Novavax komme erst nächstes Jahr, Valneva frühestens im zweiten Quartal 2022.
Selbst der Chef des Herstellers Valneva hält von Zögern wenig:
"Das wäre ethisch inakzeptabel." Er empfehle Verwandten und Bekannten zurzeit Impfstoffe der anderen Hersteller und habe sich selbst kürzlich mit dem mRNA-Produkt von Biontech boostern lassen.
Gibt es denn auch Lebendimpfstoffe?
Ja, zum Beispiel gegen Mumps, Masern und Röteln. Sie enthalten echte Erreger, die sich zwar noch vermehren können, deren krankmachenden Eigenschaften aber abgezüchtet wurden.
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