Felix und April wurden durch die Pandemie getrennt. Ein monatelanger Kampf um ein Wiedersehen zwischen Deutschland und Australien begann. Die einzige Lösung: April muss auswandern.
In der Pandemie machte Australien seine Grenzen dicht - mit wenigen Ausnahmen, doch "einfach nur Liebe" gehörte nicht dazu.
Für die Australierin April Grant und ihren deutschen Freund Felix Urbasik bedeutete das "auf nimmer Wiedersehen", zumindest wenn es nach der australischen Regierung ginge. Doch das wollten sie nicht hinnehmen - und kämpften, nicht nur gegen ein Virus, sondern auch gegen Behörden, Ängste und Liebeskummer.
Corona verhindert Wiedersehen: "Es geht an die Substanz"
Im Februar 2020 besuchte April ihren Freund Felix in Hilden, Nordrhein-Westfalen. Als sie sich verabschiedeten, dachten sie, in spätestens vier Monaten würden sie sich wiedersehen. Dann kam die erste Corona-Welle - und immer mehr Grenzen gingen zu.
Die EU erlaubte Tourist*innen aus Australien zwar die Einreise. Aber Australier*innen durften nicht ohne Weiteres ausreisen und ausländische Besuchende kamen nicht mehr rein. Handelte es sich um Notfälle oder systemrelevante Einsätze, gab es Ausnahmen. Auch für Sportler, Promis oder verheiratete Paare gab es Lösungen. Doch nicht für Felix und April.
Felix sagte damals im ZDFheute-Interview: "Es geht jetzt wirklich langsam an die Substanz und schadet uns schon immens, psychisch und auch emotional. Und man weiß nicht, wann es endet, muss weiter damit leben und man kann nichts tun."
Sehen Sie im Video, wie es Felix und April im Juli 2020 erging.
#LoveIsNotTourism wird zur weltweiten Bewegung
Die beiden sind kein Einzelfall - um mehr Gehör zu finden und sich gegenseitig zu unterstützen, startete Felix im Juli die Aktion #LoveIsNotTourism. Auf der Website der Bewegung, die sich für die Wiedervereinigung binationaler Paare und Familien einsetzt, die durch Reiseverbote und Grenzschließungen während der Covid-19-Pandemie zwangsweise getrennt wurden, fanden sich immer mehr Leidensgenoss*innen. Einige von ihnen sind mittlerweile getrennt.
Für Felix und April kam das nie in Frage. Sie entschieden sich für die Flucht nach vorne und hörten nicht auf, Wege zu suchen, um sich wiedersehen zu können.
"Man muss nur laut genug schreien"
Mit Erfolg: Die EU konnte sich im Sommer zu neuen Regelungen für unverheiratete Paare durchringen. Seit dem 10. August dürfen Partner*innen wieder nach Deutschland einreisen, auch aus Nicht-EU-Risikogebieten. Dafür musste man aber einiges beachten:
- Einladung des in Deutschland lebenden Partners/der Partnerin
- Gemeinsam unterschriebene Erklärung
- Nachweis, dass die Beziehung dauerhaft ist: Beweise früherer Treffen in Deutschland oder Nachweis eines früheren Wohnsitzes
Im August schilderte Felix: "Je mehr wir in Europa Anerkennung bekommen haben und gehört wurden, hat man das Gefühl: Okay, man muss vielleicht nicht nur warten, man muss nur laut genug schreien."
Im Video erzählen Felix und April von ihrem Frust und ihrer Hoffnung.
Letzter Ausweg: Auswanderung
Doch all das brachte nicht viel, denn die Ausreise aus dem Nicht-EU-Staat Australien war weiterhin beschränkt. Zudem kam eine Quarantäne-Pflicht bei Wiedereinreise, die in einem speziellen Hotel stattfinden musste. Die Kosten: 3.000 bis 5.000 Dollar. Zahlen müssen die Bürger*innen, nicht der Staat. Geld, das April nicht aufbringen konnte und nicht wollte.
"Es ist sehr frustrierend. Um in mein eigenes Heimatland zurück zu kommen, muss ich bis zu 5.000 Dollar zahlen. Das ist einfach lächerlich", sagte April im Sommer.
Nach langem Hin und Her, etlichen Telefonaten, Schreiben und Behördengängen, wurde der Ausreiseantrag von April genehmigt. Wahrscheinlich nur deswegen, weil sie ein spezielles Kriterium erfüllte: Sie gab an, dauerhaft ausreisen zu wollen.
"Endlich nach Hause kommen"
Zunächst war Aprils Ankunft für September 2020 geplant. Doch ihr wurde klar: Bevor sie alles hinter sich lässt, möchte sie noch ein letztes Weihnachten mit ihrer Familie verbringen. Sich Zeit nehmen, um Abschied zu nehmen.
Am 14. Januar - nach fast zwölf Monaten und einem 24-Stunden-Flug von Sydney nach Frankfurt am Main - war es soweit: Felix konnte seine Traumfrau endlich wieder in die Arme schließen. All die Anstrengungen, Zweifel und Ängste fielen ab.
Endlich vereint - das große Wiedertreffen am Frankfurter Flughafen.
Mit Aprils zwölfmonatigem Visum haben sie genug Zeit, um weitere Schritte zu organisieren - April wird Deutsch lernen, möchte arbeiten, vielleicht steht in diesem Jahr eine Hochzeit an. Corona hat ihnen viel abverlangt, aber sie sind sich sicher, dass ihre Beziehung stärker geworden ist: "Diese Zeit hat auf jeden Fall eine Narbe hinterlassen, aber uns ist beiden klar geworden, wie ernst wir es miteinander meinen."
April stand vor der Entscheidung: In Australien bleiben - bei ihrer Familie. Oder nach Deutschland auswandern - zu ihrer großen Liebe. Sie entschied sich für ihre Beziehung, für Felix und für Deutschland. Ein hoher Preis - für ein hohes Gut. Gerade in Corona-Zeiten.
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