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Arzt über Corona-Klinik-Alltag : Chirurg: "Waren nicht mehr handlungsfähig"

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"Waren nicht mehr handlungsfähig": Bei Twitter geht der Bericht eines Arztes aus dem Klinik-Alltag in Corona-Zeiten viral. ZDFheute dokumentiert die Aussagen.

Baden-Württemberg, Stuttgart: Die Chefärztin der Chirurgie, Barbara Kraft, entfernt bei einer Operation im Diakonie-Klinikum Stuttgart den Magen eines Patienten.
Klinik-Alltag unter Corona-Bedingungen (Archivbild).
Quelle: dpa/SWR

Er ist Herzchirurg und Intensivmediziner, auf Twitter berichtet er anonym über seinen Alltag in einer Uniklinik. Er beschreibt eine Arbeit am Limit.

ZDFheute hat ihn kontaktiert. Er konnte seine Identität plausibel machen und erzählt davon, dass Unikliniken Patienten vor Ort teils nicht mehr versorgen können. "Das liegt am reduzierten Personal und natürlich an durch Covid gebundene Ressourcen", schreibt er ZDFheute.

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So sieht ein Tag für ihn als Herzchirurg derzeit aus:

"Morgens habe ich erfahren, dass die Kollegen des letzten Tages die ganze Nacht durchoperiert haben und noch am OP-Tisch stehen und ich eine Ablösung organisieren soll. Drei Leute wollen nach Hause, drei Kollegen sind zusätzlich krank.

Es sitzt eine ziemlich kleine Gruppe in der Frühbesprechung. Ich gehe selber in den Saal und löse die Kollegen mit einem frischen Team ab. Ich erfahre bei der Übergabe, dass dieser Patient aus einer anderen Uniklinik zu uns verlegt wurde, weil diese Klinik auf absehbare Zeit kein Intensivbett bekommen hätte, um ihn zu versorgen.

Das heißt, der Patient wurde in akuter Lebensgefahr über eine Stunde von der einen in die andere Uniklinik gefahren. Der junge Mann hätte während des Transports gut und gerne sterben können.
Herzchirurg an Uniklinik

Ich bin etwas irritiert. Dann übergibt mir der Kollege, dass sie in der Nacht noch eine weitere Anfrage aus einer weiteren Uniklinik hatten, die ihrerseits einen bei ihnen liegenden Patienten in akuter Lebensgefahr nicht versorgen konnte und gebeten hat, dass wir übernehmen.

Brandenburg will die medizinische Notlage ausrufen. Die Intensivstationen sind voll, und die Situation soll immer dramatischer werden.

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Die Kollegen mussten diesen weiteren (das wäre die dritte OP in der Nacht gewesen) ablehnen.

Das heißt, wir und die beiden nächsten Unikliniken waren in den Stunden nicht mehr handlungsfähig.
Herzchirurg an Uniklinik

Während ich an den Tisch gehe, wird ein weiterer Notfall aus der Notaufnahme angemeldet. Ich delegiere das an einen Kollegen und dieser neue Patient geht in den Nebensaal. Unsere OP, die in der Nacht angefangen hat, dauert bis ca. 15 Uhr.

Wir können nicht alle Probleme lösen. Wir entscheiden uns, in den CT (Computertomographen, Anm. d. Red.) zu fahren, während der OP-Saal für uns reserviert bleibt, da wir wiederkommen wollen, um weiter zu machen.

Während der Kollege aus der Anästhesie den Patienten ins CT bringt, biege ich kurz ab, um aus der Kantine Brötchen zu kaufen.

Es ist fast 16 Uhr, als ich vor dem CT das erste mal an diesem Tag was esse, während die Kollegen den Patienten für die Untersuchung vorbereiten.
Herzchirurg an Uniklinik

Ich sitze alleine in dem Gang vor dem CT. Da biegt ein Team aus der Notaufnahme um die Ecke. Ein kritischer Patient wird in das zweite CT gebracht.

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Grafiken

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"Mir ist nicht zum Lachen"

Der Kollege, der dabei ist, lacht, als er mich da sitzen und essen sieht. Er sagt: "Was tust du denn hier? Ich habe dich noch gar nicht anrufen können. Dieser Patient ist ein Notfall für die Herzchirurgie." Ich: "Mach keine Witze. Mir ist nicht zum Lachen. Wir operieren schon einen Notfall und ich muss mit einem Patienten im CT nochmal zurück in den Saal."

Er: "Das ist kein Witz. Der muss sofort in euren Saal"

Ich: "Das kann nicht sein. Wer hat den Patienten angenommen? Wir haben keinen Saal. Kein weiteres Team. Nichts."
Herzchirurg an Uniklinik

Er: "Die Neurologen. Er wurde als Schlaganfall angekündigt. Ist aber nicht. Wir müssen die Diagnose gleich im CT bestätigen. Dann müsst ihr ihn versorgen." Wir gehen rein.

Eine erste Form der Triage? Ist der Zustand nicht lebensbedrohlich, werden in hohen Inzidenzgebieten in Bayern Operationen verschoben.

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"Jetzt. Nicht in zwei Minuten."

Beide Patienten werden parallel untersucht. Ja. Der frische Patient ist ein Notfall. Für uns. JETZT. Nicht in zwei Minuten. JETZT. Er kann auch nicht mehr verlegt werden. Ich entscheide, den anderen Patieten, für den eigentlich der OP-Saal reserviert war, auf die Intensivstation zu fahren. Damit ich den freien Saal für den Neuen bekomme...

Die Entscheidung war richtig. Es geht dennoch für den Patienten nicht gut aus.

Wir können ihn nicht retten. Er stirbt in unseren Händen. Telefonat mit den Angehörigen und wir müssen ihn abhaken.
Herzchirurg an Uniklinik

Der nächste Notfall, der eigentlich hätte schon längst operiert werden sollen, wartet nun auf der ITS (Intensivstation, Anm. d. Red.) auf uns.

Keine Zeit nachzudenken. Keine Zeit zu realisieren, was passiert ist. Waren wir empathisch zu den Angehörigen? Ich glaube schon. Aber so richtig weiß ich es nicht.
Herzchirurg an Uniklinik

Der Kopf ist bei dem noch Lebenden, den wir noch versuchen wollen zu retten. Immerhin. Die Geschichte geht gut aus.

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"Verbreite ich damit unnötig Panik?"

Ich habe jetzt gar nicht von den Patienten geredet, die an dem Tag nicht operiert werden konnten, weil wir keine Zeit für sie hatten, obwohl sie einen OP-Termin hatten.

Jetzt addieren wir im Kopf die Omikron-Welle in dieses Geschehen... Mir fehlt dafür die Fantasie.
Herzchirurg an Uniklinik

Nun stelle ich mir Fragen: Gehört so eine Geschichte in die Öffentlichkeit? Verbreite ich damit unnötig Panik? Wer liest das? Wen interessiert es? Hat es überhaupt Sinn, das zu erzählen? Ich weiß es ehrlich gesagt nicht. Sagt ihr es mir."

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