Homeoffice hat pandemiebedingt ein neues Ausmaß angenommen. Doch viele Arbeitnehmer*innen bekommen zu Hause nicht die Ausstattung wie im Büro. Was können Angestellte dagegen tun?
Da die Corona-Inzidenz vielerorts immer noch zu hoch ist und neue Corona-Varianten sich verbreiten, gilt weiterhin die Devise Homeoffice. Viele Arbeitnehmer*innen sitzen nun bereits seit zehn Monaten zwischen Zeitungen und Kaffeetassen am heimischen Küchentisch, loten mit Familienmitgliedern oder den Mitbewohner*innen aus, wer am nächsten am Router sitzen darf und die Hoheit über den größten Bildschirm hat.
Ein Zustand, bei dem Expert*innen stöhnen:
erklärt Katrin Willnecker, die im Referat für Arbeits- und Gesundheitsschutz von ver.di tätig ist.
Keine Pflicht zur richtigen Homeoffice-Ausstattung
Sie fordert, dass Beschäftigte idealerweise mit einer separaten Maus, einer Tastatur und einem Bildschirm ausgestattet sein sollten. Daneben gehörten auch ein geeigneter Schreibtischstuhl, ein Tisch sowie gute Lichtverhältnisse und eine ruhige Geräuschkulisse zum perfekten Homeoffice. "Doch leider gibt es keine gesetzliche Pflicht, dass Arbeitgeber*innen ihre Angestellten mit all diesen Produkten ausstatten", so Willnecker.
Die Verordnung zur Homeoffice-Pflicht sei völlig unverbindlich, kritisieren Rechtsexperten und Arbeitgeberverbände.
Das spiegelt auch eine Studie der Unternehmensberatung Korn Ferry wider. Sie zeigt, dass sich Firmen an Homeoffice-Kosten teils spärlich beteiligen.
So zahlen in Deutschland zwar 94 Prozent der befragten Unternehmen ihren Angestellten Endgeräte wie Laptops oder Tablets. Equipment wie einen Bürostuhl stellen hingegen nur 24 Prozent, einen Arbeitstisch oder Drucker gerade einmal zwölf Prozent.
Homeoffice ist nicht gleich Homeoffice
Das liegt vor allem daran, dass Homeoffice in Deutschland nicht gleich Homeoffice ist. Der Gesundheitsschutzexperte Professor Andreas Blume erklärt: "Man muss zwischen Telearbeit und mobiler Arbeit unterscheiden."
"Wer den Stuhl bezahlt, wer für die erhöhte Stromrechnung oder die Druckerpatronen aufkommt und so weiter. Bei mobilem Arbeiten ist das anders." Bei diesem Konzept, das in Deutschland aktuell pandemiebedingt oft vollzogen wird, seien all diese Ausstattungs- und Finanzierungsaspekte nicht geregelt.
Gefährdungsbeurteilung kann helfen
"Aber es ist nicht so, dass die Arbeitnehmer*innen keine Chance haben, ihre Situation zu Hause zu verbessern", betont Annika Wörsdörfer, die das Referat für Arbeits- und Gesundheitsschutz des Deutschen Gewerkschaftsbundes leitet. Viele hätten immer noch im Kopf, dass sie sich bei privilegierter Büroarbeit als Arbeitnehmer*innen nicht beschweren dürften.
Doch das sei Quatsch: "Eine schlechte Sitzposition im Homeoffice kann im schlimmsten Fall auch einen Bandscheibenvorfall begünstigen oder gar auslösen." Sie rät Arbeitnehmer*innen dazu, bei ihren Vorgesetzten eine Gefährdungsbeurteilung einzufordern.
"So kann auf psychischer wie auch physischer Ebene ermittelt werden, wie es einem im Homeoffice gerade ergeht. Und über das Ergebnis dieser Begutachtung spricht man denn gemeinsam und sucht nach Lösungen für mögliche Probleme." Ziel müsse sein, dass sich die Arbeit dem Menschen anpasse und nicht andersrum.
Blume: Arbeitsaufträge sollten klar abgesprochen werden
Auch Blume rät Angestellten dazu, im Homeoffice aktiv ihre Probleme anzugehen: "Die Arbeitnehmer*innen sollten diszipliniert sein und sich auch zu Hause an Arbeitszeiten und Pausen halten." Zudem führt er an, dass Beschäftigte auch im Homeoffice das Recht auf Führung haben:
Hinzu komme, dass die einzelnen Aufgaben und die Gesamtmenge an Arbeit klar abgesprochen sein sollte: "Auch hier können Beschäftigte das Gespräch suchen, um Zuständigkeiten klar zu vereinbaren. So wird eine Überlastung verhindert, denn im Homeoffice neigen die Menschen dazu, zu viel zu arbeiten.”