Der Bundestag diskutiert über eine allgemeine Impfpflicht. Der Spitzenverband der gesetzlichen Krankenkassen ist dagegen - er hält die Pläne organisatorisch für nicht umsetzbar.
Der Spitzenverband der gesetzlichen Krankenkassen (GKV) hält die geplante allgemeine Impfpflicht für nicht umsetzbar - unter anderem aus Papiermangel.
Derzeit herrsche "in Europa ein akuter Papiermangel und somit fehlt Material für die rund 120 Millionen Schreiben", die zur Information der Versicherten vorgesehen sind, hieß es in Stellungnahmen der GKV zu zwei Gesetzentwürfen für die Impfpflicht anlässlich einer Sitzung des Gesundheitsausschusses des Bundestags am Montag.
Krankenkassen: Aktuelle Adressdaten fehlen
Zuerst hatte die "Bild" (Montagsausgabe) darüber berichtet. Auch sei die in den Gesetzentwürfen vorgesehene Frist für das Anschreiben bis zum 15. Mai "organisatorisch nicht zu erfüllen". Demnach würde allein die notwendige europäische Ausschreibung der Druckaufträge "den zeitlichen Rahmen sprengen".
Die Krankenkassen hätten außerdem nicht immer die aktuellen Adressdaten ihrer Versicherten, um sie "sicher zu erreichen". Auch warnen die Kassen vor millionenfachen Nachfragen und Beschwerden, die ihre hauseigenen Callcenter überlasten könnten. Technisch sei es zudem nicht möglich, Impf-Nachweise abgesehen vom digitalen Impf-Zertifikat sicher zu überprüfen, betonen die Kassen.
Die GKV wehrte sich dagegen, dass die Krankenkassen die Impfpflicht überwachen sollen. Dies sei eine "staatliche Aufgabe". Die Meldung der Ungeimpften an "Bußgeldstellen" würde "das wichtige Vertrauensverhältnis zwischen Versicherten und Krankenkassen stark belasten".
Das geplante dezentrale Meldesystem bei den einzelnen Krankenkassen würde zudem zu "millionenfachen" Fehlern führen. "Millionen von Bürgerinnen und Bürgern würden zu Unrecht, trotz einer vollständigen Immunisierung, den Bußgeldstellen gemeldet werden müssen", warnte der GKV.
GKV: Übertragung der Kontrollpflicht ist falsch
Zugleich betont der Spitzenverband, er halte die Übertragung der Kontrolle einer staatlichen Impfpflicht für "ordnungspolitisch falsch". Er verwies auf ein Urteil des Bundesverfassungsgerichtes, wonach die Hauptaufgabe der Kassen die Gewährleistung des öffentlich-rechtlich geregelten Krankenversicherungsschutzes sei:
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Bundestag: Entscheidung wahrscheinlich Anfang April
Ein Gesetzentwurf von Abgeordneten aus den drei Ampel-Fraktionen hat eine allgemeine Impfpflicht ab 18 Jahren zum Ziel. Der Entwurf von Abgeordneten um den FDP-Politiker Andrew Ullmann sieht vor, eine Beratungspflicht für alle Erwachsenen einzuführen - mit der Möglichkeit, später eine Impfpflicht für alle Menschen ab 50 Jahren zu schaffen.
Der Bundestag hatte am Donnerstag erstmals über die Gesetzentwürfe und Anträge zu einer allgemeinen Impfpflicht debattiert. Die insgesamt fünf Vorlagen reichen von einer Impfpflicht ab 18 bis zum Nein zu jeglicher Vorgabe.
Sehen Sie hier die Debatte in voller Länge:
Das Parlament will Anfang April eine Entscheidung treffen, bis dahin soll nach einem Kompromiss gesucht werden.
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