Impf-Skepsis reicht bis ins 18. Jahrhundert zurück. Mit einer "moralischen Impfpflicht" könne man einige Menchen überzeugen, sagt Psychologin Betsch in "Leschs Kosmos".
Seit Monaten gehen Tausende Menschen auf die Straße, weil sie in der Aufforderung zur Impfung ein Diktat des Staates sehen, dem sie nicht folgen wollen. Die Geschichte des Zweifelns an der Sinnhaftigkeit von Impfungen begann bereits Anfang des 18. Jahrhunderts mit dem Kampf gegen die Pocken im Osmanischen Reich.
Geschichte des Impfens
Der Sultan ließ Pocken-Eiter von kranken Patienten in die Haut von Gesunden übertragen - mit Erfolg. Wissenschaftler in Europa lehnten das Verfahren als barbarisch ab. Jahrzehnte später erkannte der britische Arzt Edward Jenner, dass auf den Menschen übertragene Rinderpocken gegen die echten Pocken immunisieren. Bald ist ersichtlich, dass der Nutzen der Impfung die Risiken deutlich überwiegt.
Doch die Skepsis gegenüber der Methode bleibt. Weil im Deutschen Reich immer mehr Soldaten erkranken, führt Otto von Bismarck 1874 deshalb eine Impfpflicht ein.
Impfskeptiker nehmen Pandemie anders wahr
Obwohl heute ein viel größeres wissenschaftliches Wissen über die Wirkung und die Folgen von Impfungen besteht, ist die Ablehnung bei vielen Menschen, wie die Corona-Proteste zeigen, nach wie vor groß - womöglich sogar größer denn je.
Das hänge damit zusammen, dass diese Menschen die Pandemie anders wahrnehmen, erklärt Prof. Cornelia Betsch, Psychologin an der Universität Erfurt, in der ZDF-Sendung "Leschs Kosmos".
Stattdessen hätten sie größere Sorgen, was die Sicherheit der Impfstoffe angeht. 63 Prozent der Ungeimpften würden angeben, sie hätten Angst vor der Impfung, so Betsch.
Wie kann man die Impfansprache verbessern, wie Impfgegner überzeugen und was ist dran an Nebenwirkungen durchs Impfen und den Argumenten der Impfgegner? Darüber spricht u.a. Mediziner Dr. Christoph Specht.
Impfbereitschaft durch "moralische Impfpflicht" erhöhen
Der Anteil der entschiedenen Impfskeptiker nehme allerdings ab, sodass doch noch einige für eine Immunisierung bereit seien. Man dürfte nicht vergessen, dass "wir gute Aufklärung brauchen, die zu den Menschen kommt", mahnt Betsch. Praktische Barrieren müssten abgebaut werden, zum Beispiel durch zahlreiche Impfmöglichkeiten.
Auch Aufrufe aus der Gesellschaft zum Impfen können hilfreich sein.
Durch die Impfung schütze man sich gegenseitig. Diese "moralische Impfpflicht" trage dazu bei, die Impfbereitschaft zu erhöhen. "Wer denkt, dass die anderen erwarten, dass man geimpft ist, der lässt sich auch eher impfen", erklärt die Psychologin.
Ärger durch gesetzliche Impfpflicht
Sollte die gesetzliche Impfpflicht kommen, werde laut Betsch bei denjenigen, die Impfungen ablehnen, Reaktanz entstehen. "Das ist psychologisch Ärger und Ärger löst dann auch eine Gegenreaktion aus" - beispielsweise Proteste oder die Nicht-Einhaltung der Corona-Maßnahmen.
Daher komme es stark darauf an, wie die Impfpflicht ausgestaltet ist, ob sie zum Beispiel zeitlich befristet ist, mit Berufsverboten verbunden oder an Bußgelder geknüpft.
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