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Nach neuen Thrombose-Fällen : Darum hat Deutschland Astrazeneca ausgesetzt

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Deutschland setzt Impfungen mit Astrazeneca vorübergehend aus, weil einzelne Geimpfte gesundheitliche Probleme bekamen. Ob ein Zusammenhang besteht, ist nach wie vor fraglich.

Nun also auch Deutschland: Nachdem bereits etliche andere europäische Länder, darunter Dänemark, Norwegen und die Niederlande, die Impfungen mit dem Vakzin von Astrazeneca ausgesetzt hatten, zieht Deutschland nach und folgt damit einer Empfehlung des Paul-Ehrlich-Instituts (PEI). Kurz darauf meldeten auch Italien und Frankreich, das Mittel vorerst nicht mehr zu verimpfen.

Zuletzt hatte es in Deutschland insgesamt sieben Fälle von Thrombosen der Hirnvenen im zeitlichen Zusammenhang mit der Astrazeneca-Impfung gegeben, sagte Bundesgesundheitsminister Jens Spahn am Montag. Bei mittlerweile über 1,6 Millionen Impfungen in Deutschland. Das Paul-Ehrlich-Institut hält trotz der geringen Zahl weitere Untersuchungen für notwendig. Ein Zusammenhang - dass also die Blutgerinnsel tatsächlich durch die Impfung ausgelöst wurden - könne nicht ausgeschlossen werden, so Spahn.

Paul-Ehrlich-Institut verändert seine Bewertung der Lage

Am Nachmittag meldet sich auch das Paul-Ehrlich-Institut selbst zu Wort: Gegenüber dem Stand vom vergangenen Donnerstag seien weitere Fälle in Deutschland gemeldet worden. Bei der Analyse dieses neuen Datenstands haben die Expertinnen und Experten eine auffällige Häufung einer speziellen Form von sehr seltenen Hirnvenenthrombosen in Verbindung mit einem Mangel an Blutplättchen (Thrombozytopenie) und Blutungen in zeitlicher Nähe zu Impfungen mit dem Impfstoff Astrazeneca registriert.

Das Institut weist dabei auch darauf hin, dass Personen, die bereits mit Astrazeneca geimpft worden sind und sich mehr als vier Tage nach der Impfung zunehmend unwohl fühlen - zum Beispiel mit starken und anhaltenden Kopfschmerzen oder punktförmigen Hautblutungen - sich unverzüglich in ärztliche Behandlung begeben sollten.

Ampulle mit dem Impfstoff AstraZeneca. Archivbild

Rückschlag für Impfkampagne - Deutschland setzt Astrazeneca-Impfungen aus 

Auch Deutschland setzt jetzt die Impfung mit Astrazeneca aus. Dabei handele es sich um eine Vorsichtsmaßnahme. SPD-Gesundheitsexperte Lauterbach kritisiert die Entscheidung.

[Wie sieht es mit der Zweitimpfung der 1,6 Millionen Deutschen aus, die bereits mit Astrazeneca geimpt wurden? Virologin Ulrike Protzer hat bei ZDFheute live antworten auf viele Fragen rund um den Impfstopp]

Bisher sahen Experten keinen Zusammenhang zur Impfung

Der kausale Zusammenhang zwischen Impfung und Erkrankungen schien bisher nach Ansicht von Experten nicht sehr wahrscheinlich. Etwa ein Mensch unter 1.000 erleide eine Thrombose pro Jahr*, erklärte noch am Freitag etwa Leif-Erik Sander, Leiter der Forschungsgruppe für Infektionsimmunologie und Impfstoffforschung der Charité Berlin, im heute journal:

Wenn man sich anguckt, wie viele Thrombosen sind eigentlich aufgetreten unter den Geimpften und vergleicht das mit der Normalbevölkerung, die ungeimpft ist - dann sind das gleich viele.
Prof. Leif-Erik Sander, Charité Berlin

Es sei zwar "wichtig und richtig", dass die Behörden das alles prüfen. Er sehe jedoch keinen Grund zur Sorge. Der zeitliche Zusammenhang sei durch Zufall erklärbar.

Europäische Arzneimittelagentur war gegen Impfstopp

Ähnlich äußerte sich gegenüber ZDFheute auch Ulrich Sachs vom Universitätsklinikum Gießen und Marburg, der sich auf Blutgerinnung spezialisiert hat: "Wenn ein Impfstoff in kurzer Zeit sehr oft gespritzt wird, kommt in zeitlich engem Zusammenhang alles vor, was auch im normalen Leben vorkommt: Schlaganfälle, Herzinfarkte". Diese Erkrankungen seien jedoch in gewisser Weise normal und nicht unbedingt auf die Vakzine zurückzuführen.

Der europäischen Arzneimittelbehörde EMA waren bis Mitte vergangener Woche 30 Fälle bekannt geworden, in den sich bei geimpften Menschen Blutgerinnsel gebildet hatten. Fünf Millionen Menschen sind in der EU bisher geimpft worden. Die Zahl dieser Vorfälle "bei geimpften Menschen ist nicht höher als die Zahl in der Gesamtbevölkerung", schrieb die EMA noch vergangene Woche in einer Mitteilung. Am Donnerstag will die Behörde eine neue Bewertung der Lage vornehmen.

Wie steht Astrazeneca im Vergleich zu anderen Covid-19-Impfstoffen da?

Die möglichen Impfreaktionen auf den Astrazeneca-Wirkstoff sind nach einigen Berichten heftig und generell stärker ausgeprägt als bei den anderen Impfstoffen. "Der Wirkstoff hat nach den Daten, die jetzt aktuell im Raum sind, wohl auch ein bisschen mehr Nebenwirkungen. Wobei ich jetzt mal sage: Die könnte man wegstecken", so Alexander Kekulé. Die Rate der als schwerwiegend eingestuften Nebenwirkungen war jedoch bisher niedriger als bei den anderen zugelassenen Impfstoffen:

Die Zahlen: In Deutschland gab es nach einem Bericht des (PEI) bis zum 26. Februar gut 363.645 Corona-Impfungen mit Astrazeneca. In gerade einmal 69 Fällen wurde nach der Impfung von schwerwiegenden Reaktionen berichtet, schreibt das PEI. Das sind 0,02 Prozent aller Impfungen.

  • Mit Biontech wurden im Beobachtungszeitraum 5.378.703 Impfungen durchgeführt. 1.705 Meldungen von Nebenwirkungen wurden als schwerwiegend klassifiziert. Das entspricht 0,03 Prozent der Impfungen.
  • Mit dem Impfstoff von Moderna wurden 168.189 Impfungen durchgeführt und 107 Meldungen von Nebenwirkungen als schwerwiegend klassifiziert. Das entspricht 0,06 Prozent der Impfungen.

Auch Astrazeneca selbst wies Bedenken gegenüber des Impfstoffs zurück. Mitentwickler Andrew Pollard, Leiter der Oxford Vaccine Group, erklärte am Montag, es gebe "sehr beruhigende Beweise", dass das Vakzin in Großbritannien - bislang sein Haupteinsatzgebiet in Europa - nicht zu einer Zunahme von Blutgerinnseln geführt habe.

Anmerkung der Redaktion, 15.03.2021 15:45 Uhr: Kurz nach der ersten Veröffentlichung des Artikels hat das Bundesgesundheitsministerium bekannt gegeben, dass die Corona-Impfungen mit Astrazeneca in Deutschland ausgesetzt werden. Daher wurde der Text aktualisiert und erweitert.

*An dieser Stelle wurde in einer früheren Version des Textes die Häufigkeit einer Sinusvenenthrombose mit 1:1000 angegeben, gemeint waren aber Thrombosen im Allgemeinen. Wir haben den Fehler korrigiert.

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