Winfried Stöcker hat einen Corona-Impfstoff erfunden und unkonventionell getestet. Der Lübecker Forscher erwartet bald internationalen Erfolg. Aber die Sache hat auch einige Haken.
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Ein Corona-Impfstoff der Superlative soll es sein. Der wirksamste, sicherste, günstigste und am einfachsten herzustellende überhaupt, behauptet sein Erfinder, der Lübecker Mediziner und Unternehmer Winfried Stöcker. "Wir haben die beste Impfung gegen Corona entwickelt", sagt der 74-Jährige im ZDFheute-Gespräch. Der Mann sorgt für Furore.
Auf klinische Studien verzichtet
"Spiegel TV" frohlockte bereits über ein "Wundermittel", die mögliche "Lösung für das Impfchaos". Stöckers unkonventionelles Vorgehen im Umgang mit seinem Impfstoff brachte ihm aber auch einigen Ärger ein.
Denn statt Wirksamkeit, Sicherheit und Verträglichkeit des Vakzins im regulären klinischen Prüfprozess nachzuweisen, hat Stöcker eigenmächtig gehandelt und auf vorgeschriebene klinische Studien verzichtet. "Um Zeit zu sparen", wie er sagt.
Ungenehmigt 150 Menschen geimpft
Nach eigenen Aussagen testete er den Impfstoff, der auf einem Virusprotein basiert, zunächst an sich selbst, dann an vier Familienmitgliedern und anschließend an zahlreichen Freunden und Mitarbeitern.
Insgesamt habe er den Impfstoff bislang circa 150 Menschen verabreicht, sagt Stöcker. Ganze 97 Prozent der Geimpften hätten eine hohe Konzentration von Antikörpern im Blut entwickelt. Und: Niemand leide an Nebenwirkungen:
Alles andere als glücklich über Stöckers Vorgehen sind allerdings die Experten beim Paul-Ehrlich-Institut (PEI), dem Bundesinstitut für Impfstoffe und biomedizinische Arzneimittel. Wer in Deutschland einen Impfstoff prüfen will, muss sich das vom PEI genehmigen lassen.
Prüfung der Wirksamkeit und Nebenwirkungen
Das Verfahren ist komplex und zeitaufwändig. Ein von Stöcker kritisierter Umstand, den die Behörde aber so begründet:
Tatsächlich hatte Stöcker die Behörde Anfang September 2020 kontaktiert. Laut PEI habe man Stöcker in einem ersten Gespräch darüber informiert, dass die von ihm beschriebenen Impfungen an vier Personen "als eine nicht genehmigte klinische Prüfung gewertet werden könnten und dann strafrechtliche Relevanz hätten".
Impfstoff-Erfinder im Clinch mit Zulassungsbehörde
Stöcker bestreitet gegenüber ZDFheute ein solches Gespräch und fühlt sich hintergangen und verfolgt. Der Grund: Das PEI hat gegen ihn Anzeige erstattet, weil nicht ausgeschlossen werden könne, dass Stöckers Impfungen die Gesundheit der Probanden "schwer gefährden".
Gleichzeitig hält das Bundesinstitut sein Angebot aufrecht, Stöcker im Rahmen eines regulären Impfstoff-Prüfprozesses "wissenschaftlich und regulatorisch" zu beraten. Stöcker lehnt das ab, begründet es im ZDFheute-Gespräch so:
Kritik und Gegenrede: "Leute haben keine Ahnung"
Zahlreiche Experten kritisieren Stöcker heftig. Sie werfen ihm "Menschenversuche", "Körperverletzung" und "absolut verantwortungsloses Handeln" vor. Damit konfrontiert, entgegnet Stöcker trocken: "Diese Leute haben keine Ahnung, wir haben es hier mit einem ganz kleinen, ungefährlichen Wirkstoff zu tun."
Der Forscher und Unternehmer, der 2017 das von ihm gegründete Labordiagnostik-Unternehmen Euroimmun für 1,2 Milliarden Euro an ein US-Unternehmen verkauft hat, verfolgt stattdessen ganz andere Pläne.
Stöcker will Impfstoff im Ausland einsetzen
Im ZDFheute-Interview kündigte er an, seinen Impfstoff im Ausland im großen Stil testen zu wollen: Es gebe Regionen in der Welt, in denen "die Leute vernünftig geblieben sind" - und dort werde der Impfstoff demnächst bei "einem größeren Kollektiv" eingesetzt. "Dann kann ich auf dem Wege auch den Beweis antreten, dass wir die beste Impfung für die Corona-Pandemie haben."
Wo genau das geschehen soll, verrät Stöcker nicht.