Viele Eltern fragen sich derzeit, ob sie ihr Kind gegen Corona impfen lassen sollen. Sinnvoll ist der Schritt vor allem bei Risiken, erklärt Virologin Protzer in "Leschs Kosmos"
Seit Wochen tobt die Debatte um Nutzen und Risiken einer Corona-Impfung für Kinder. Die Ständige Impfkommission hat zwar noch keine finale Entscheidung getroffen, die Impfung nun aber vorab für die Fünf- bis Elfjährigen empfohlen, die Vorerkrankungen oder Kontakt zu Risikogruppen haben.
Damit folgt die Stiko dem Rat von Experten. Demnach sollen vor allem Kinder geimpft werden, die ein zusätzliches Risiko haben, zum Beispiel Adipositas (starkes Übergewicht), Immunschwächen oder Lungenerkrankungen. Oder auch wenn im Umfeld der Kinder Menschen ein erhöhtes Risiko haben, beispielsweise die Eltern, sagt die Virologin Ulrike Protzer von der TU München im Interview mit Harald Lesch in der Sendung "Leschs Kosmos". "Da würde ich sagen: 100 Prozent muss man die Kinder impfen lassen."
Long-Covid-Risiko bei Kindern gering
Wenn es allerdings keine Risiken gebe, dann sei die Entscheidung für eine Impfung eine, die vom eigenen Sicherheitsbedürfnis abhänge. Kinder würden nicht schwer krank und auch Long Covid-Symptome seien im Vergleich zu einer Kontrollgruppe nicht häufiger.
"Es ist vernünftig, Kinder impfen zu lassen, wenn man damit dazu beitragen möchte, das gesamtepidemische Geschehen einzudämmen", so die Einschätzung von Protzer.
Im Gespräch mit der Virologin Ulrike Protzer zur Corona-Impfung bei Kindern, der aktuellen Studienlage und Nutzen-Risiko-Abwägung.
Keine schweren Schäden durch Impfung
Die Impfung an sich ist als sicher zu bewerten - egal ob für Erwachsene oder für Kinder: Von den inzwischen sieben bis acht Milliarden verimpften Dosen habe es sich bei rund der Hälfte um mRNA-Impfstoffe gehandelt, erklärt die Virologin.
Bei den Kindern sei die Datenlage zwar noch nicht so groß, aber die vorhandenen Studien zeigten dennoch, die Impfung sei auch für Kinder sicher und "sehr, sehr wirksam", so Protzer.
Unterschied zwischen Impfschaden und Impfreaktion
Langfristige Schäden durch Impfungen seien generell sehr selten, ungefähr vergleichbar mit dem Risiko, von einem Blitz getroffen zu werden, sagt die Virologin. Ähnlich selten seien Schäden auch bei den Coronavirus-Impfstoffen.
Anders verhalte es sich hingegen mit Impfreaktionen, die dadurch entstehen, dass das Immunsystem auf die Impfung anspringt. Diese können "auch mal eine Woche oder zwei" anhalten.
In Deutschland hat die Stiko nun eine Empfehlung für die Corona-Impfung bei Kindern ausgesprochen: Kinder von 5-11 sollten geimpft werden, wenn sie vorerkrankt sind.
"Keine Empfehlung gegen die Impfung"
Die Entscheidung der Stiko, die Impfung für bestimmte Gruppen vorerkrankter Kinder zu empfehlen, sei "keine Empfehlung gegen die Impfung", erklärte Fred Zepp, selbst Mitglied der Stiko, schon im Vorfeld der Entscheidung. Sei der Impfstoff zugelassen, dann sei er verimpfbar und es sei eine individuelle Entscheidung.
Die Epidemiologin Berit Lange gibt dabei zu bedenken, dass Deutschland sich aktuell in einer vierten Welle befinde, deren Höhepunkt wahrscheinlich im Dezember erreicht würde. In besonderes betroffenen Gebieten sei danach "dann auch ein Großteil, der bisher ungeimpften Bevölkerung oder zumindest ein relevanter Teil dieser Bevölkerung infiziert".
Das müsse man bei der individuellen Entscheidung mitbedenken. Ihre persönliche Meinung: "Ich stehe vor der Entscheidung, ich habe zwei Kinder genau in dem Alter, ich werde jetzt impfen, und zwar tatsächlich jetzt relativ bald."
Kinder zwischen fünf und elf Jahren sollen ab der zweiten Dezemberhälfte geimpft werden können. Besonders vorerkrankte Kinder warten auf die Impfung, sie sind besonders isoliert.