Millionen Deutsche warten noch auf ihre Corona-Impfung. Doch die Zahl der wöchentlichen Erstimpfungen geht seit Anfang Mai zurück. Woran liegt das und wie sind die Aussichten?
"Achtung, Achtung", schreibt eine Hausarztpraxis in Rheinland-Pfalz auf ihrer Webseite. "Wir werden ab Mitte Mai für sechs Wochen kaum oder gar keine Erstimpfungen mit Biontech/Pfizer durchführen können, da wir die gelieferten Impfdosen für die erforderlichen Zweitimpfungen benötigen."
So oder ähnlich werden Patientinnen und Patienten im ganzen Land enttäuscht. Denn während die Impfkampagne gegen das Coronavirus mit dem Einstieg der Hausärzte nach Ostern kräftig an Schwung gewann, sinkt die Zahl der Erstimpfungen seit Anfang Mai deutlich. In der Woche vom 26. April bis 2. Mai erhielten noch 3,99 Millionen Menschen in Deutschland die erste Spritze - vergangene Woche waren es 2,19 Millionen, etwas mehr als halb so viele. Und das, obwohl die Priorisierung fiel und die Betriebsärzte mitimpfen.
Besonders deutlich fällt der Rückgang beim Lieblings-Impfstoff der Deutschen aus: Bei Biontech beträgt das Minus der Erstimpfungen im Vergleich zu Anfang Mai 58 Prozent. Lediglich der vierte in der EU zugelassene Impfstoff, das Präparat von Johnson & Johnson (J&J), bei dem nur eine Spritze nötig ist, konnte den Rückgang neuer Impftermine zuletzt etwas abfedern.
Weniger Erstimpfungen, weil Zweitimpfungen Priorität haben
Weniger Erstimpfungen bedeuten nicht, dass die Kampagne insgesamt an Schwung verloren hätte. Doch die Lieferungen sind immer noch knapp und die Zweitimpfungen haben Priorität:
- Vergangene Woche waren rund 62 Prozent Zweitimpfungen,
- 30 Prozent Erstimpfungen (Biontech, Moderna, Astrazeneca)
- und acht Prozent Einmal-Impfungen mit J&J.
Insgesamt erhielten 3,55 Millionen ihre zweite Spritze - fast so viele wie in der Rekordwoche Ende April/Anfang Mai die erste. Denn die lag genau sechs Wochen zurück - der typische Abstand bei den mRNA-Impfstoffen von Biontech und Moderna.
Und so ist der Rückgang der Erstimpfungen in letzter Zeit ein Grund zur Hoffnung für alle, die aktuell auf einen Impftermin warten. Wie in den vergangenen Wochen die Erstimpfungen zurückgingen, werden es in den nächsten Wochen die Zweitimpfungen tun.
Wie Biontech, Moderna, Astrazeneca und Johnson & Johnson liefern wollen
Wann man drankommt, hängt aber vor allem von den Impfstofflieferungen ab. Und da gibt es einige Fragezeichen:
- Biontech wird laut Plan des Bundesgesundheitsministeriums (BMG) nächste und übernächste Woche 5,69 Millionen Dosen liefern, gut 1,1 Millionen mehr als diese Woche. Für Juli nennt das Ministerium noch keine Prognose.
- Moderna erhöht seine Lieferungen ab kommender Woche leicht auf 622.800 Dosen. Im Juli werden 733.200 Dosen pro Woche erwartet.
- Für Astrazeneca stehen seit dieser Woche keine Lieferzahlen mehr im Plan des BMG.
- Von Johnson & Johnson werden diese Woche 234.000 Dosen erwartet, wie es danach weitergeht, ist offen. Das amerikanische Unternehmen muss Millionen verunreinigter Dosen vernichten, Deutschland bekommt deshalb im zweiten Quartal etwa 6,5 Millionen weniger als erwartet. Das BMG pocht auf eine Nachlieferung im Juli.
Wer aktuell auf einen Impftermin wartet, muss sich also möglicherweise noch länger gedulden. Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU) korrigierte kürzlich seine Prognose nach unten. Er rechnet nun damit, dass 80 Prozent der impfwilligen Erwachsenen bis Mitte Juli mindestens ihre erste Spritze bekommen. Zuvor war er noch von 90 Prozent ausgegangen.