Die Aussicht auf eine Impfung für Kinder wird konkreter. Gesundheitsminister Spahn will allen Kindern über 12 Jahren bis August ein Angebot machen. Der Ethikrat ist skeptisch.
Bundesgesundheitsminister Spahn hat am Donnerstag in Berlin angekündigt, dass allen Jugendlichen ab zwölf Jahren bis Ende August ein Impfangebot gemacht werden könne, wenn die Europäische Arzneimittelbehörde (EMA) den Biontech-Impfstoff für diese Gruppe zugelassen werde. "Die Wahrscheinlichkeit, dass es im Juni die Zulassung gibt, ist sehr hoch, aber sie ist nicht bei 100 Prozent", sagte Spahn.
Weil die Erwartungshaltung sehr groß sei, sollen die Länder bereits jetzt Konzepte erarbeiten, die etwa sicherstellten, dass bis Ende August im Falle einer Zulassung genug Impfdosen zur Verfügung stehen.
Der Impfstoff der Allianz Biontech/Pfizer ist bisher ab einem Alter von 16 Jahren genehmigt.
Hohe Verträglichkeit von Moderna bei Jugendlichen
Unterdessen belegen Studien zum Corona-Impfstoff des US-Pharmaunternehmens Moderna bei Jugendlichen eine Wirksamkeit von 96 Prozent. Die Studienteilnehmer im Alter zwischen zwölf und 17 Jahren hätten das Vakzin grundsätzlich gut vertragen, erklärte das Unternehmen.
An der Studie nahmen 3.235 Jugendliche teil, von denen zwei Drittel den Impfstoff und ein Drittel ein Placebo erhielten. Im Verlauf der Studie seien zwölf Teilnehmer ab einem Zeitpunkt zwei Wochen nach der ersten Impfdosis an Covid-19 erkrankt, erklärte Moderna. Das Moderna-Vakzin ist derzeit unter anderem in Europa und in den USA ab einem Alter von 18 Jahren zugelassen.
Buyx: Kinder nicht zur Impfung drängen
Die Vorsitzende des Deutschen Ethikrats, Alena Buyx, sieht dagegen eine Notzulassung von Corona-Impfstoffen für Kinder kritisch und wirbt für umfassende Sicherheitsprüfungen.
Im Interview mit dem Südwestrundfunk zeigte sie sich aber zuversichtlich, dass es bald zu einer regulären Zulassung des Impfstoffs für Kinder und Jugendliche kommen könne. Entschieden wandte sich Buyx dagegen, Kinder und Familien zu einer Corona-Impfung zu drängen.
Kinderärzte sind besorgt: Familien werden in der Corona-Pandemie besonders gefordert. Deswegen sollten sie besser geschützt werden.
Eltern müssten mit ihren Kindern frei und individuell entscheiden können. Es wäre falsch, hier mit dem Ziel einer schnelleren Herdenimmunität der gesamten Bevölkerung zu werben, sagte sie.
Rund 10 Prozent der Kinder mit schwerem Verlauf
Buyx verwies auf Studien, wonach rund zehn Prozent der Kinder und Jugendlichen ein erhöhtes Risiko für schwere Covid-Verläufe haben. Hinzu kämen in etwa 1 von 1.000 Infektionsfällen Komplikationen durch überschießende Immunreaktionen. Schließlich könnten auch Kinder unter langen Verläufen ("long covid") leiden.
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