Die Corona-Situation in Indien ist für das Gesundheitswesen nicht mehr zu stemmen. Krematorien und Krankenhäuser sind überlastet. Jeden Tag sterben mehr Menschen.
Indien hat angesichts einer sich rasch ausbreitenden neuen Corona-Variante ein Rekordhoch an Neuinfektionen vermeldet. Mit den 349.691 bestätigten Neuinfektionen wurden mehr neue Fälle als jemals zuvor in einem Land gezählt. Die Lage in Indien spitzt sich damit weiter zu - Krematorien und Friedhöfe sind bereits überlastet.
Mehr als Hundert Leichen alleine am Samstag verbrannt
Laut Gesundheitsministerium starben innerhalb von 24 Stunden 2.767 Menschen. Experten zufolge könnte die tatsächliche Zahl der Corona-Toten allerdings wesentlich höher sein: Vermutete Fälle werden nicht mitgezählt, oft wird es somit Vorerkrankungen zugeschrieben, wenn Patientinnen und Patienten letztlich sterben.
Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Krematoriums Bhadbhada Vishram Ghat in der Stadt Bhopal berichteten, dass sie am Samstag mehr als 110 Leichen verbrannt hätten - obwohl die offizielle Zahl der Toten in der Stadt mit 1,8 Millionen Einwohnern bei zehn lag. Berichten zufolge musste auf eine Feuerbestattung stundenlang gewartet werden.
Krematorien: Uns geht der Platz aus
Die beispiellose Zahl neuer Leichen zwang das Krematorium, individuelle Zeremonien und ausgiebige Rituale auszusetzen, von denen Hindus glauben, dass sie die Seele aus dem Kreislauf der Wiedergeburt befreien: "Wir verbrennen die Leichen einfach, wenn sie kommen", sagte Sharma.
Auch der leitende Totengräber des größten muslimischen Friedhofs von Neu Delhi, Mohammad Shameem, bestätigte: "Ich fürchte, dass uns sehr bald der Platz ausgeht."
Gesundheitswesen jenseits der Grenzen: Indien geht der Sauerstoff aus
Auch die medizinische Versorgung gibt zunehmend zu Denken: Der Vorrat an medizinischem Sauerstoff ist deutlich gesunken. Vor überfüllten Krankenhäusern starben Menschen, während sie darauf warteten, einen Arzt zu sehen.
Beschäftigte des Gesundheitswesens versuchen, Intensivstationen zu vergrößern und die schwindenden Sauerstoff-Vorräte aufzufüllen. Krankenhäuser kämpfen ebenso wie Patienten darum, knappe medizinische Produkte aufzutreiben, die oft zu überhöhten Preisen verkauft werden.
US-Professorin kritisiert Kommunikation der indischen Regierung
Die tatsächliche Lage steht damit in scharfem Kontrast zur Aussage des stellvertretenden Oberstaatsanwalts Tushar Mehta, der noch am Samstag vor dem Obersten Gericht behauptete, niemand im Land habe keinen Sauerstoff bekommen.
Noch im Januar hatte Ministerpräsident Narendra Modi das Coronavirus in Indien für besiegt erklärt. Inderinnen und Inder seien dadurch verleitet worden, auf Maßnahmen zur Verringerung der Ansteckungsgefahr zu verzichten, sagte Dr. Krutika Kuppalli, Assistenzprofessorin für Medizin an der Abteilung für Infektionskrankheiten der Medical University of South Carolina in den USA.
- Wie gefährlich ist die indische Mutante?
Wieder eine neue Corona-Variante, diesmal aus Indien. Sie verbindet mehrere Mutationen, die Forschern Sorgen bereiten. Ob sie gefährlicher ist, lässt sich noch nicht klar sagen.