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Interview

Virologe über Omikron-Subtyp : "Wir wissen zu wenig über BA.2"

Datum:

Virologe Martin Stürmer wünscht sich, man hätte mit den Corona-Lockerungen noch ein paar Wochen gewartet. Warum er Lockerungen nach Kalenderdaten für den falschen Weg hält.

Virologe Martin Stürmer leitet ein Labor zur Sequenzanalyse und ist Facharzt am Institut für medizinische Virologie an der Uni Frankfurt.
Virologe Martin Stürmer leitet das IMD Labor in Frankfurt am Main und ist Dozent für medizinische Virologie an der Uni Frankfurt.
Quelle: privat

ZDFheute: Herr Stürmer, seit Anfang März gehen die Corona-Infektionszahlen wieder nach oben. Kann man da schon von einem Trend sprechen?

Martin Stürmer: Wenn die Zahlen nur einen Tag gestiegen und dann wieder abgefallen wären, dann nicht. Doch es deuten mehrere Parameter zumindest in Richtung "Plateau".

ZDFheute: Welche Parameter sind das?

Stürmer: Die Infektionszahlen steigen, auch der R-Wert nähert sich wieder der 1 an - das sind Indikatoren dafür, dass das Infektionsgeschehen in seiner Dynamik wieder zulegt.

ZDFheute: Welche Gründe gibt es dafür?

Stürmer: Einer ist die Omikron-Subvariante BA.2. Sie breitet sich noch einmal deutlich effektiver aus, als der Ursprungsstamm von Omikron. Diese Welle haben wir nun abbekommen. Wir sehen in unseren Untersuchungen aus der letzten Februarwoche, dass BA.2 bei den Vollsequenzierungen mittlerweile rund zwei Drittel der Corona-Fälle ausmacht.

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ZDFheute: Gibt es noch andere Gründe für den Anstieg der Infektionen?

Stürmer: In Deutschland wurden die Corona-Maßnahmen zu einer Zeit gelockert, in der das Infektionsgeschehen sehr hoch war - und meiner Meinung nach auch nicht kontrolliert. Womöglich sind auch die Gesundheitsämter nicht mehr so überlastet und wir nähern uns nun wieder mehr den realen Infektionszahlen an.

ZDFheute: Viele Menschen sind von der Pandemie erschöpft.

Stürmer: Das kommt dazu. Dieses Gefühl "Ich habe keine Lust mehr", "Omikron ist ja harmlos", 2G-Plus-Regelungen werden zurückgenommen, Impfanreize fehlen - in den Köpfen der Menschen entsteht wahrscheinlich auch eine gewisse Gleichgültigkeit.

ZDFheute: Halten Sie es für zu früh, die Corona-Maßnahmen jetzt abzuschaffen?

Stürmer: Ganz klar. Ich weiß, dass uns das Datum des Endes des Infektionsschutzgesetzes am 19. März zwingt, darüber zu sprechen.

Aber diese Diskussion, Lockerungen anhand von Kalenderdaten festzumachen, ist der falsche Weg.
Martin Stürmer

Wir müssen uns am Infektionsgeschehen orientieren.

ZDFheute: Aber Omikron scheint ungefährlicher als seine Vorgänger-Varianten zu sein. Zumindest, wenn man sich die Zahl der schweren Verläufe anschaut.

Stürmer: Wenn das Ziel die Nicht-Überlastung des Gesundheitssystems ist, kann ich die Diskussion nachvollziehen. Wir wissen aber auch immer noch zu wenig über BA.2, als dass wir uns entspannt eine so hohe Infektionszahl leisten können.

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ZDFheute: Was hätte man in den vergangenen Wochen anders machen können?

Stürmer: Ich hätte mir gewünscht, die Lockerungen um vier Wochen zu verschieben. Die Zahlen wären nach unten gegangen und wir hätten auf einer dünneren Infektionssituation gelockert. Die Temperaturen wären angenehmer gewesen, die Menschen hätten mehr Zeit draußen verbracht, man hätte besser lüften können.

ZDFheute: Machen Ihnen die steigenden Zahlen Sorgen?

Stürmer: Unwohl ist mir wegen der ungeklärten Long-Covid-Situation. Es haben sich jetzt auch viele Kinder und Jugendliche infiziert und wir wissen nicht abschließend, welche Nachwirkungen dieses Virus noch hat. Die große Gefahr für einen Kollaps des öffentlichen Lebens oder des Gesundheitssystems sehe ich aber nicht.

ZDFheute: Gibt es denn schon Daten aus anderen Ländern, die mehr Erfahrung mit BA.2 haben?

Stürmer: Vereinzelt kann es wohl zu Reinfektionen von BA.1 und BA.2 kommen, das legen Daten aus Dänemark nahe. Wenn das gehäuft vorkommen und damit die Welle noch einmal komplett durchlaufen würde, dann stimmen die oben genannten Annahmen natürlich nicht. Aber ich vermute nicht, dass wir noch einmal von einer ganz massiven Welle getroffen werden.

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Beitragslänge:
44 min
Datum:

ZDFheute: Wie kann man sich jetzt vorbereiten?

Stürmer: Auch wenn die Zahlen im Frühjahr runter gehen, darf man nicht aufhören, Corona ernst zu nehmen.

Wir müssen weiter testen und auch weltweit schauen, welche Varianten zirkulieren.
Martin Stürmer

Da wir den ganzen Sommer über vermutlich nicht impfen und das Infeksionsgeschehen insgesamt eher niedrig sein wird, ist die Immunität in der Bevölkerung im Herbst vermutlich zu gering. Deshalb müssen wir uns wohl mit dem Gedanken anfreunden, dass die Corona-Impfung wie die Grippe-Impfung wird und man immer wieder auffrischt.

Das Interview führte Anna Grösch.

Auf dem Foto ist ein Mann zu sehen, der auf einer Bettkante sitzt. Beide Arme halten seinen Kopf.

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