Im September war Israel auf dem Höhepunkt der vierten Welle. Die Lage war dramatischer als jetzt in Deutschland - doch Israel hat die Welle gebrochen. Ein Vorbild für uns?
Im September kletterten die Infektionszahlen auf nie dagewesene Spitzenwerte und die Intensivstationen in Israel füllten sich bedrohlich. Inzwischen ist die Welle allerdings gebrochen. Das Mittelmeerland konnte weitgehend zur Normalität zurückkehren. Und das ohne Lockdown. Auch die Schulen blieben geöffnet. Wie hat Israel das geschafft?
Israel: Vorreiter bei Auffrischimpfung
Im Sommer hatte sich die Delta-Variante trotz guter Impfquoten rasant in Israel ausgebreitet. Studien zeigten außerdem eine nachlassende Wirksamkeit der in Israel verwendeten Biontech/Pfizer-Impfung. Darauf begann Israel Ende Juli als erstes Land überhaupt damit, seinen Bürgern eine dritte Impfdosis zu geben. Obwohl es zu dem Zeitpunkt dafür keine Empfehlung durch die US-Gesundheitsbehörde gab.
Im Sommer habe es in Israel einen deutlichen Anstieg von Durchbruchsinfektionen vor allem bei älteren, zweifach geimpften Menschen gegeben, sagt Arnon Afek. Auf Expertenrat hin habe Israels Regierungschef Naftali Bennett daraufhin die "mutige Entscheidung" für die Booster-Impfung getroffen, erklärt der Vize-Chef eines Krankenhauses bei Tel Aviv.
Während der neuen Corona-Impfkampagne stiegen die Infektionszahlen zunächst weiter. "Dann änderte die vierte Welle ihren Charakter", erklärt Afek.
Boostern, Maskenpflicht und Versammlungsbeschränkungen
Anfangs habe man auf den Corona-Intensivstationen "vor allem geimpfte, ältere Menschen mit Durchbruchsinfektionen" gesehen. Diese seien als Ergebnis der Impfkampagne "verschwunden, stattdessen kamen dann ganz überwiegend ungeimpfte, jüngere Patienten".
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"Dies gilt besonders für die Älteren, man muss überall hinkommen und sie rasch impfen", sagt Afek. Als ergänzende Maßnahme halte er die Maskenpflicht in geschlossenen Räumen, die in Israel weiter gilt, für sehr wichtig, ebenso wie Versammlungsbeschränkungen.
"Dabei basiert unser Modell mit den Krankenkassen, die für die Impfungen zuständig sind, doch auf dem deutschen Vorbild", sagt Afek.
Nächste Corona-Welle nur eine Frage der Zeit
Die österreichische Entscheidung für einen Lockdown für Ungeimpfte findet Afek angesichts der hohen Infektionszahlen richtig. Eine fünfte Corona-Welle in Israel hält der Experte allerdings nur für eine Frage der Zeit:
Dies sei aus seiner Sicht aber kein Problem. "Ich lasse mich auch jedes Jahr gegen die Grippe impfen."
Kann Israel im Kampf gegen die vierte Welle als Modell für Deutschland dienen? Hajo Zeeb vom Leibniz-Institut für Präventionsforschung und Epidemiologie in Bremen hält die Lage zwar nicht für eins zu eins übertragbar. "Aber die Booster-Impfung mit ihrer erheblichen Auffrischwirkung - über die Wirksamkeit nach der zweiten Impfung hinaus - ist schon den Daten zufolge ein sehr wichtiger Faktor", sagt er.
Israel profitiert auch von Klima und Demografie
Erleichtert hätten den Erfolg Israels die im Vergleich zu Deutschland deutlich jüngere Bevölkerung und das mildere Klima, sagt Zeeb. Bei jüngeren Menschen werde eine bessere Immunität erzielt und in wärmeren Gegenden halte man sich weniger in Innenräumen auf.
Ähnlich äußerte sich der SPD-Gesundheitsexperte Karl Lauterbach bei "Markus Lanz". Israel habe "geboostert, da war noch sehr schönes Wetter, da rollte die Welle langsamer an, und sie haben Glück gehabt, zum richtigen Zeitpunkt zu boostern - sie haben ja auch sehr früh geimpft". In Deutschland habe es dagegen anfangs sehr konservative Stimmen zum Boostern gegeben.