Der Virologe Alexander Kekulé nennt bei "Markus Lanz" im ZDF die Gründe für die Zuspitzung der vierten Corona-Welle. An Geimpfte habe es ein "falsches Versprechen" gegeben.
Virologe Alexander Kekulé zeigt sich bei Markus Lanz besorgt über 2G-Veranstaltungen. Diese seien mitverantwortlich für die hohe Inzidenz.
65.000 Corona-Neuinfektionen wurden am Donnerstag gemeldet - ein neuer Höchststand in Deutschland. Markus Lanz fragte nach den Ursachen der Heftigkeit der vierten Welle. Der Virologe Alexander Kekulé ordnete das steigende Infektionsgeschehen ein.
Als die Inzidenz Ende Juni dieses Jahres bundesweit unter 5 lag, seien als erster Schritt die Urlauber aus den Risikogebieten zurückgeholt worden, so Kekulé. Der Virologe erklärte: "Damit haben wir den Import dieser neuen Delta-Variante, der sowieso gekommen wäre, enorm beschleunigt."
Kekulé: Es gab "Kommunikationsfehler"
Zudem habe das Robert-Koch-Institut "in der Salami-Technik die Risikogebiete erst immer dann deklariert, wenn dort schon ein offiziell anerkannter Ausbruch war". Kekulé konstatierte: "Man hat sich nicht dazu durchgerungen, konsequenter in der Lage, wo man die Bude sauber hatte, die Importe zu kontrollieren."
Es habe noch einen zweiten Fehler, einen "Kommunikationsfehler", gegeben, "den auch Wissenschaftler mitgemacht haben: "Dass man gesagt hat, es gibt so etwas wie Herdenimmunität und wir in der Lage sind, dass wir uns durch die Impfung die Freiheit wieder erkämpfen könnten".
In einer Nacht mussten vier Corona-Patienten intubiert werden - notfallmäßig. Alle Patienten hätten viel Angst. Intensivpfleger Ralf Berning berichtet bei Lanz von seinem Alltag.
Kritik am Robert-Koch-Institut
Zu diesem Zeitpunkt sei jedoch unter anderem aus Israel bekannt gewesen, dass es durch die Impfdurchbrüche, die es schon immer gegeben habe und die bei der Delta-Variante mehr geworden seien, auch Kranke und Schwerkranke gebe und man die Infektionswelle nicht in den Griff bekomme. Kekulé befand:
Dieses Versprechen "kam vom Robert-Koch-Institut", so Kekulé und sei bis heute in der Bevölkerung. Auf der Webseite des RKI hätte gestanden, dass die Geimpften keinen wesentlichen Beitrag zum Infektionsgeschehen mehr leisten. Dieser Satz ist inzwischen verschwunden.
Virologe: Herden-Immunität funktioniert nicht bei Delta
Der Virologe erklärte zudem: "Das Versprechen einer Herdenimmunität funktioniert zumindest bei dieser Variante, Delta, und bei diesen Impfstoffen nicht."
Mit Blick auf die Geimpften sagte Kekulé: "Ein ganz erheblicher Beitrag zu dieser Welle wird geleistet von denen, die glauben, sie wären in Sicherheit, die, wenn sie Symptome kriegen, nur ganz leichte Symptome bekommen und die einen großen Teil dieser Inzidenz machen."
Kekulé: Freiheit für Geimpfte war Fehler
Kekulé stellte jedoch klar, dass er die Impfstoffe nicht schlechtmachen wolle:
Und dennoch müssten wir in der jetzigen Situation erkennen: "Es war ein Fehler, für die Geimpften völlige Freiheit zu haben: keine Obergrenzen bei den Veranstaltungen, keine Kontaktbegrenzungen, keinen Abstand, keine Maske, kein Testen."
Gegenüber Geimpften Fehler einräumen
Der 2G-Regelung zufolge ist es Geimpften und Genesenen erlaubt, Veranstaltungen und Restaurants ohne Testnachweis zu besuchen.
Kekulé zufolge müsse man dahingehend Fehler einräumen: "Wir müssen diesen Leuten, die sich zum großen Teil für diese Freiheiten haben impfen lassen, weil man ihnen das versprochen hat, sagen: Tut uns leid. Wir haben es falsch verstanden."
Maßnahmen: Testen und Masken
Bei Veranstaltungen sollte ab einer Obergrenze der Personenzahl jeder getestet werden oder eine Maske tragen, "auch die Geimpften", empfahl Kekulé. Zudem müsse die Nachverfolgbarkeit gegeben sein.
Durch die genannten Maßnahmen "können wir das relativ schnell wieder zurückdrehen, was wir durch dieses Versprechen - 'ihr müsst euch an nichts mehr halten' - falsch gemacht haben", so Kekulé bei Markus Lanz.
Kekulé: 2G "ist Teil des Problems"
2G sei zudem "kein Heilmittel", sondern: "2G ist Teil des Problems gewesen, warum wir diese hohe Inzidenz haben." Abschließend war es Alexander Kekulé wichtig, klarzustellen:
- Wer infiziert sich gerade mit Corona?
Die Inzidenz ist so hoch wie noch nie in der Corona-Pandemie. In welchen Altersgruppen die Infektionszahlen gerade besonders stark steigen - und wie viele sterben.