Durch die Corona-Maßnahmen kamen Kinder weniger mit Krankheitserregern in Kontakt als sonst. Nun holen sie die Infekte nach - in Kinderkliniken gibt bereits es Engpässe.
Laufende Nase, Husten und Fieber: Auffallend viele Kinder machen seit einigen Wochen Atemwegsinfekte durch, die eigentlich erst in den Wintermonaten zu erwarten wären. Betroffen seien vor allem unter Sechsjährige, sagte Jakob Maske, Sprecher des Bundesverbandes der Kinder- und Jugendärzte.
Aufgrund von Kita-Schließungen und anderen Corona-Maßnahmen im vergangenen Winter und Frühjahr seien sie bisher nicht in Kontakt mit bestimmten Erregern gekommen.
Anstieg bei Atemwegserkrankungen
Das Robert-Koch-Institut (RKI) berichtet von einem starken Anstieg der Krankenhaus-Einweisungen wegen Infektionen mit dem Respiratorischen Synzytial-Virus (RSV) bei Ein- bis Vierjährigen. Gefährlich kann dieser Infekt der oberen Luftwege insbesondere für Frühgeborene sowie vorerkrankte Kinder im ersten Lebensjahr werden.
Laut RKI wurden in den Jahren vor der Pandemie im Monat September rund 60 bis 70 Ein- bis Vierjährige pro Woche mit schweren Atemwegsinfekten in Kliniken eingewiesen, aktuell seien es doppelt so viele. Das RKI rechnet mit einem weiteren Anstieg.
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Ungewöhnlich häufig traten bei Kindern in diesem Sommer Atemwegserkrankungen auf, die durch das RS-Virus verursacht werden. Das hat unmittelbar mit Corona zu tun.
Mehr Patienten, zu wenig Personal
"Es gibt leider im Moment eine Zuspitzung", sagte Maske, der in Berlin eine Kinderarztpraxis hat.
Die Mediziner sorgen sich um die Versorgung schwerkranker Kinder im Herbst und Winter. Maske zufolge ist es schon jetzt sehr mühsam, kleine Patienten stationär unterzubringen. Hintergrund sei auch, dass zu wenige Kinderkrankenpflegerinnen und -pfleger ausgebildet würden.
RKI warnte schon im Sommer
Größere RSV-Ausbrüche unter Kindern wurden bereits im Mai aus Israel und in den Sommermonaten in den USA, Australien und Japan gemeldet. Das RKI mahnte deshalb schon im Sommer an, sich auf ein ähnliches Szenario vorzubereiten.
Diese Hilfe bei der Abwehr der Erreger fehle jetzt, weil es im letzten Winter wegen der Corona-Maßnahmen fast keine RSV-Erkrankungen gab.
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Die Infektionszahlen unter Schüler*innen sind aktuell besonders hoch. Warum ist das so? Und was kann man dagegen tun?
Kinder in Kita oder Schule schicken?
Die Kinder- und Jugendärzte plädieren dafür, den Alltag für Kinder und Jugendliche nach Monaten der Entbehrung so normal wie möglich zu gestalten. Für Eltern ist es oft eine schwierige Entscheidung, ob sie ihr Kind mit Schniefnase oder Halsschmerzen in die Kita oder Schule schicken.
Seit Beginn der Pandemie wird jeder mit Erkältungssymptomen schief angeschaut, es steht immer auch der Verdacht einer Corona-Infektion im Raum."Man muss kluge Risikoabwägungen treffen", sagte der hannoversche Kinderarzt Thomas Buck, Vorstandsmitglied der niedersächsischen Ärztekammer.
Auf der anderen Seite gehe es auch darum, möglichst keine Corona-Infektion zu übersehen.
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