Am Dienstagabend ging es bei Markus Lanz um die Pandemielage in Taiwan. Was kann Deutschland von dort lernen? Karl Lauterbach zog Rückschlüsse für die deutsche Impfstrategie.
In der Talkrunde bei Markus Lanz ging es am Dienstagabend zunächst um den Anstieg der Corona-Zahlen in Taiwan. Matthias Sander, Korrespondent der Neuen Zürcher Zeitung, kommentierte die neuen Entwicklungen direkt aus Taiwan wie folgt:
In der Vergangenheit wären immer wieder ganz wenige, kleine, lokale Ausbrüche vorgekommen, so der 34-Jährige. Seit drei Wochen gäbe es jedoch einen im Verhältnis merklichen Anstieg. "Auf einmal vermeldet Taiwan nicht mehr täglich nur ein, zwei, drei Fälle, sondern mehrere hundert", so Sander.
Ausbruch in Taiwan startete wohl in Quarantäne-Hotel
Vermutet werde, dass der Ausbruch mit einem Cluster unter Piloten in einem Quarantäne-Hotel gestartet sei, welche verbotenerweise ausgegangen sein sollen. Später wäre es in einem Amüsier- und Rotlichtviertel zu einem zunächst unentdeckten Ausbruch des Coronavirus gekommen, so der Journalist.
Der Epidemiologe Karl Lauterbach verdeutlichte, wie damit der pandemische Charakter des Coronavirus offenbar wird: "Es zeigt sich, dass die Pandemie erst vorbei ist, wenn sie überall vorbei ist. Selbst ein Land wie Taiwan wird erst sicher sein, wenn international keine Fälle mehr vorkommen. Sonst müssten sie sich weiter komplett abschotten."
Zeitweise hätte sich jeder Pilot, der ins Land kam, für 14 Tage in Quarantäne begeben müssen. "Als man die Quarantäne ein bisschen gelockert hat und Menschen aus Taiwan in der Quarantäne mit den Piloten in Kontakt gekommen sind, ist es sofort losgegangen", berichtete der SPD-Gesundheitsexperte.
Taiwan: Kaum Impfungen
Lauterbach verdeutlichte die Rolle der dortigen Impfquote für die pandemische Lage in Taiwan: "Wenn man die Bevölkerung nicht geimpft hat, muss man sicherstellen, dass man alles abriegelt. In Taiwan ist die Impfquote extrem niedrig."
Taiwan hätte spät versucht, Impfstoff zu bekommen. Gleichzeitig wäre dort nahezu niemand am Coronavirus erkrankt gewesen, so der 58-Jährige. "Wenn dort diese neuen Varianten kommen, geht das wie ein Lauffeuer."
Laut Matthias Sander habe sich China in Verhandlungen zwischen dem Impfstoffhersteller Biontech und Taiwan eingemischt. Daran sei der Kauf dieses Impfstoffes gescheitert. Die "politische Gemengelage" habe dazu geführt, dass Taiwan sich kaum Impfstoff, nur 300.000 Dosen, beschaffen konnte, pflichtete Karl Lauterbach bei. Als Grund dafür könne man interpretieren, dass China die Eigenständigkeit Taiwans nicht anerkennt, so Lauterbach.
Hinsichtlich der Inzidenz in Taiwan beruhigte Sander: "Man muss dabei immer sehr relativieren. Wir reden von einer Inzidenz von 22, 23. Das ist für Taiwan eine Katastrophe, in Deutschland würde man sich sehr, sehr, sehr darüber freuen."
Lauterbach: Priorität für Kinderimpfungen
Mit Blick auf die Impfungen in Deutschland konstatierte Karl Lauterbach: "Ich würde den Kindern eine Priorität geben, und zwar deshalb, weil ich glaube, dass wir im Herbst wieder deutliche Schulausfälle hinnehmen müssen, wenn wir die Kinder nicht früh impfen."
Sollten die Kinder im Herbst regulär in die Schule gehen, aber nicht geimpft sein, würde man hierzulande mit der indischen Variante im Vordergrund riesige Ausbrüche in den Schulen sehen, so der SPD-Politiker. Denn: