Emma ist eines der ganz wenigen Kinder, das nach einer Corona-Infektion Long Covid bekommen hat. Seit fast einem halben Jahr fühlt sie sich schwach, hat Herzrasen und Atemnot.
Long Covid bei Kindern ist sehr selten. Was Diagnose und Behandlung angeht, stecken Wissenschaft und Medizin noch in den Anfängen.
Vor Corona stand bei Emma zuhause die Tür für alle offen. Freunde gingen ein und aus, Musik war zu hören, es wurde gelacht und sich unterhalten. Doch Emma hält solchen Trubel nicht mehr aus.
Oft liegt sie mit Baustellenkopfhörern auf ihrem Bett, weil sie Ruhe braucht. Meist erträgt sie nur ihre Mutter um sich und ihren großen Bruder. Der Sommerurlaub in der Türkei ist abgesagt. Zu viel.
Ende März infiziert sich Emma mit Corona, vermutlich in der Schule. Sie hat einen ganz normalen Verlauf, alle sind sich sicher, das ist nach ein, zwei Wochen überstanden. Doch es wird nicht besser, es wird immer schlechter.
Schwindel, Panik und Atemnot als Folge von Corona
Sie kann sich kaum auf den Beinen halten und bekommt schlecht Luft.
Für ihre Mutter Hanna ist es schwierig, Emma Mut zu machen. Obwohl sie ein positiver, fröhlicher Mensch ist, ist auch sie zwischendurch verzweifelt. Der Kinderarzt kann nicht weiterhelfen. Rund um Göppingen, da leben sie in einem kleinen Dorf, kennt sich niemand aus mit Long Covid. "Es begann eine Ärzte-Odyssee," erzählt sie.
In winzigen Schritten nur zurück in den Schulalltag
Der Kinderarzt schickt sie schließlich in die Uni-Kinderklinik nach Freiburg, drei Autostunden entfernt. Dort bekommt Emma 12 Wochen nach ihrer Infektion Gewissheit: Sie hat Long Covid, was selten bei Kindern ist. Eine andere Ursache für ihre Beschwerden findet die Neurologin nicht. Andere Grunderkrankungen werden ausgeschlossen.
Oft ist Long Covid schwierig zu diagnostizieren. Hilfreich wäre da mehr Forschung und Aufklärung. Die betreibt die Influencerin Visa Vie anhand ihrer eigenen Krankengeschichte.
Nachdem sie wochenlang zuhause ist, findet Emma in winzigen Schritten in den Schulalltag zurück.
Ihre Mitschüler*innen seien sehr verständnisvoll und nett gewesen, ausgelacht wurde sie nie. Nur anfänglich, als sich ihre Krankheit im Dorf rumsprach, hatte sie das Gefühl nicht immer ernst genommen zu werden.
Soziale Dienste greifen nicht bei Kindern mit Long-Covid
Für ihre Mutter ist die Long-Covid-Erkrankung ihrer Tochter kaum zu managen. Sie ist alleinerziehend, selbst Lehrerin, hat alle Krankentage für ihr Kind aufgebraucht, und weitere Hilfe von der Krankenkasse, wie einen sozialer Dienst, gibt es nicht.
Die 16jährige Sina ist seit einem halben Jahr auf den Rollstuhl angewiesen, sie hat schwere Muskelschmerzen durch Long Covid.
Der Opa ist schließlich eingesprungen, hat Emma zur Schule gebracht und wieder abgeholt. "Da gibt es schon schlaflose Nächte. Das hat mich wirklich gestresst, wie man Beruf und die Betreuung des kranken Kindes vereinbaren kann. Ohne familiäre Hilfe wäre das gar nicht möglich gewesen," sagt Emmas Mutter.
Beratung fehlt für Familien mit erkrankten Kindern
Keine Ärzte, an die man sich wenden kann, keine Unterstützung bei der Versorgung und die eigene Unsicherheit, wie man mit einer 11-jährigen Long-Covid-Patientin umgehen soll. Eltern sind da stark gefordert, müssen eigene Bedürfnisse zurückstellen und brauchen, wie die Kinder auch, viel Geduld.
Hanna S. hat Emma oft motiviert, rauszugehen, spazieren, in den Garten - und sie hat sie vielleicht auch manchmal überfordert.
Durch die steigenden Corona-Infektionen steigt auch die Zahl der Langzeitfolgen. Long-Covid-Patienten werden aber oft nicht ernst genommen, und es gibt zu wenige Behandlungsplätze.
Long-Covid-Symptome verschwinden nur langsam
Es geht jetzt bergauf, wenn auch sehr langsam. Emma kommt nach den Ferien in die 6. Klasse und sie will unbedingt von Anfang an voll dabei sein. Emma und ihre Mutter geben die Hoffnung nicht auf.
Petra Otto ist Reporterin im ZDF-Landesstudio Baden-Württemberg
- Warum Long-Covid-Forschung so schwierig ist
Long Covid gibt noch viele Rätsel auf, gerade wenn es Kinder und Jugendliche trifft. Warum die Erforschung so schwierig ist, erklärt Kinderinfektiologe Roland Elling der ZDFheute.