Oft wurde gestritten: Sollen die Schulen offen bleiben oder wegen Corona geschlossen werden. Mehrere Studien bringen nun neue Erkenntnisse in die Diskussion.
Maske tragen beim Einkaufen, geschlossene Restaurants und Treffen mit nur wenigen Personen: Seit März leben wir mit Corona-Maßnahmen. Mal strenger - wie im Frühjahr und auch jetzt wieder. Mal lockerer - wie über die Sommermonate.
Ziel war es immer, die Ausbreitung des Coronavirus so gering wie möglich zu halten. Welche der Maßnahmen dabei besonders gut wirkt, war beim Erlass neuer Vorschriften oft eine Mischung aus Vorahnung und Hoffnung. Mehrere Studien haben jetzt untersucht, was wirklich geholfen hat.
Kontaktbeschränkung und Schulschließungen
Eine internationale Forschergruppe der University of Oxford (Großbritannien) hat staatliche Eingriffe in das öffentliche Leben in 41 Ländern untersucht. Die Ergebnisse wurden nun in der Fachzeitschrift "Science" veröffentlicht.
Als "sehr effektiv" bezeichnen sie eine Maßnahme, wenn sich die Reproduktionszahl der Infektionen dadurch stark abgesenkt hat (ab 35 Prozent). Dies war der Fall ...
- beim Versammlungsverbot für mehr als zehn Personen.
- bei der Schließung der Schulen und Hochschulen.
Mäßige Effekte ergaben sich aus den Versammlungsverboten für größere Gruppen. Ebenfalls als eher wenig effektiv bewerten die Wissenschaftler die Schließung von Restaurants, Nachtclubs, Kinos und Fitnessstudios.
Dass die einzelnen Maßnahmen in den verschiedenen Ländern zu unterschiedlichen Zeitpunkten beschlossen wurden, half den Forschern, den Effekt der einzelnen Vorschriften zu berechnen.
Schulschließungen auch in deutscher Studie der entscheidende Faktor
Schulschließungen sind auch der entscheidene Faktor einer Studie am Karlsruher Institut für Technologie (KIT): Die Wissenschaftler untersuchten die zwischen dem 22. Januar und 12. Mai 2020 von der US-amerikanischen Johns-Hopkins-Universität erhobenen täglichen Fallzahlen aus Österreich, Belgien, Deutschland, Italien, Norwegen, Spanien, Schweden, der Schweiz und Großbritannien sowie 28 US-Bundesstaaten.
Aus den Daten ging hervor: Je eher die Schulen geschlossen wurden, desto deutlicher habe sich der Effekt sinkender Fallzahlen gezeigt, erklärt Niklas Kühl, Leiter der Abteilung für künstliche Intelligenz am KIT.
Sieben Tage später hätte es sogar 400.000 zusätzliche Fälle gegeben, sagt Kühl.
Trotz klarer Aussagen der Studien bleiben Unsicherheiten
Beide Forschungsgruppen, die aus Oxford und die aus Karlsruhe, betonen in ihren Arbeiten, dass Untersuchungen zur Wirksamkeit von Corona-Maßnahmen mit einem hohen Maß an Unsicherheit verbunden sind, da die konkrete Umsetzung vor Ort stark variiere und sich nicht jede Bevölkerung gleich diszipliniert an die Maßnahmen halte. Auch gab es bereits andere Studien, die keine Effekte von Schulschließungen finden konnten, worauf auch Virologe Christian Drosten von der Berliner Charité auf Twitter hinweist:
Bundesfamilienministerin Franziska Giffey (SPD) hat jedenfalls bereits am Sonntag eine rasche Wiedereröffnung von Schulen und Kitas gefordert, sobald die Infektionslage dies zulässt.