Der Astrazeneca-Impfstoff hat ein Imageproblem. In der Kritik ist dabei auch die Ständige Impfkommission. Stiko-Chef Mertens kündigt im ZDF nun eine "aktualisierte Empfehlung" an.
Die Impfkampagne in Deutschland läuft - und mit ihr die Debatte über den britisch-schwedischen Astrazeneca-Impfstoff. Es gibt Vorbehalte gegenüber dem Medikament vor allem mit Blick auf die Wirksamkeit, Hunderttausende Dosen sind noch ungenutzt. In die Kritik geraten ist auch die Ständige Impfkommission (Stiko), weil sie den Impfstoff nicht für Menschen über 65 Jahre empfohlen hatte.
Im ZDF heute journal kündigt der Vorsitzende der Ständigen Impfkommission (Stiko), Professor Thomas Mertens, nun an, die Empfehlung zum Astrazeneca-Impfstoff zu überdenken. Es werde "sehr bald zu einer neuen, aktualisierten Empfehlung kommen", sagte der Virologe im Gespräch mit Marietta Slomka. Er äußert sich auch zu einer aktuellen Studie aus Schottland, nach der der Impfstoff auch bei über 65-Jährigen wirksam sei.
Sehen Sie das ganze Gespräch im Video oben, und lesen Sie es hier in Auszügen.
Das sagt Professor Mertens zu der Frage…
… warum sich Astrazeneca zum Ladenhüter entwickele und ob er die Einschränkung auf unter 65-Jährige bereue?
"Das hat mit Bereuen nichts zu tun. Wir hatten die Daten, die wir hatten und haben auf der Basis dieser Daten diese Empfehlung gegeben. Aber wir haben nie den Impfstoff kritisiert, sondern wir haben nur kritisiert, dass die Datenlage eben für die Altersgruppe über 65 nicht gut oder nicht ausreichend war. Das muss man schon auseinanderhalten."
Ansonsten sei der Impfstoff "sehr gut" und werde "durch jetzt hinzukommende neue Daten auch noch besser in der Einschätzung." "Das Ganze ist einfach irgendwie schlecht gelaufen", sagt Mertens.
… ob man aufgrund der Studie aus Schottland den Impfstoff in Deutschland auch für Ältere öffnen müsse?
"Das ist möglich und das werden wir auch tun. Wir haben uns schon die Daten sehr genau angeguckt aus Schottland." Er fügt hinzu: "Es gibt zu dieser Studie noch einiges zu fragen und das haben wir auch schon direkt getan und bei der Erstautorin angefragt, ob sie uns da noch Nachhilfe geben kann."
… ob er empfehlen würde, den Abstand zwischen erster und zweiter Impfung zeitlich zu strecken?
"Auch da ist es so: Wir müssen eigentlich auf Daten warten, die einen längeren Beobachtungszeitraum haben. Aber ich halte das für möglich, gerade bei dem Astrazeneca-Impfstoff, dass man sich tatsächlich da zu einem etwas noch längerem Intervall entscheiden kann.
- Länder bleiben auf Astrazeneca sitzen
Er liegt wie Blei in den Regalen: der Astrazeneca-Impfstoff. 81 bis 97 Prozent der angelieferten Menge bleibt derzeit in den Ländern ungenutzt. Das könnte sich jetzt ändern.
Bei dem Biontech-Impfstoff sind die Daten, jetzt auch die aus Schottland, eigentlich nicht dazu geeignet, unbedingt diese Entscheidung jetzt zu treffen."
Mertens erklärt: "Wir wollen die Daten in einer Form publiziert wissen, die sozusagen eine Entscheidung wirklich möglich macht. Das ist auch gar nicht, dass wir besonders verstockt sind, sondern es ist einfach die Aufgabe, sich die Daten genau anzugucken."