Das Coronavirus mutiert, was zunächst ganz normal ist. Eine Variante breitet sich gerade in Großbritannien aus. Wie man Mutationen trackt und was Deutschland besser machen könnte.
In Großbritannien breitet sich eine Mutation des Coronavirus aus. In London und im Südosten Englands wurde sie gehäuft nachgewiesen. Die Variante könnte sich schneller ausbreiten als das Ursprungsvirus, sagen britische Forscher. Doch sie bleiben vorsichtig, denn weitere Daten sollen diese Woche folgen.
Eine Mutation, also eine Veränderung des Erbguts, ist erst einmal völlig normal bei Viren. Das Erbgut von Viren besteht aus RNA. Bei dem Kopiervorgang von RNA passieren oft Fehler - Teile von ihr gehen etwa verloren - so entstehen Mutationen.
Um eine Mutation festzustellen, muss man die RNA-Sequenzen im Labor untersuchen und kann sie dann mit dem ursprünglichen Coronavirus-Genom oder seinen Mutationen vergleichen. Ein Genom ist das Erbgut eines Lebewesens oder Virus.
- Coronavirus-Mutation: Was wir bisher wissen
In Großbritannien wurde eine neue Virus-Variante entdeckt, die sich offenbar schneller ausbreitet. Vieles ist noch unklar - ein Überblick.
Deutschland: Labor von Christian Drosten führend
Dem Robert-Koch-Institut sind allein 1.742 Virus-Varianten bekannt. In Deutschland ist der "Hauptakteur im Hinblick auf die Sequenzierung das Konsiliarlabor für Coronaviren von Professor Drosten und Doktor Corman", schreibt das RKI auf Anfrage von ZDFheute. Es listet 1.660 Genome des Coronavirus auf, die von verschiedenen Laboren stammen und hier zu sehen sind:
Dort taucht die neue Mutante aus Großbritannien noch nicht auf - was aber nicht heißen soll, dass sie nicht schon eingeschleppt wurde. Drosten hält das sogar für wahrscheinlich, wie er dem Deutschlandfunk sagte.
Großbritannien als Sequenz-Lieferant
In Großbritannien gibt es ein eigenes Genom-Sequenzierungs-Konsortium (COG) für das Coronavirus. Es sequenziert möglichst viele Positiv-Proben. Im Sommer, als die Labore noch nicht so ausgelastet waren, schaffte es das bei rund der Hälfte aller Positiv-Tests. Mittlerweile sequenziert es rund 10.000 Positiv-Tests pro Woche. Damit sollen die Verbreitung und die Entwicklung des Virus besser verstanden werden.
Weil das Coronavirus nicht an Grenzen Halt macht, gibt es die Datenbank GISAID, in die Labore weltweit ihre Sars-Cov-2-Sequenzen einspeisen können. Die Briten sind hier der größte Daten-Zulieferer: Mehr als 120.000 der rund 270.000 veröffentlichten Genome stammen von ihnen, schreibt das Europäische Zentrum für die Prävention und die Kontrolle von Krankheiten ECDC.
Deutschland sollte Virus-Varianten struktureller untersuchen
Deutschland hinke da hinterher, kritisiert der Virologe Professor Jörg Timm: "In Deutschland sind die Bemühungen bei den Sars-CoV-2-Sequenzierungen in meinen Augen nicht ausreichend", sagt der Leiter des Instituts für Virologie am Uniklinikum Düsseldorf. "Großbritannien hat vorgemacht, wie man entsprechende Strukturen aufbauen kann. Das haben wir in Deutschland - aber auch in vielen anderen europäischen Ländern - bisher verpasst."
Zum einen könne man zirkulierende Varianten damit früher erkennen. Zum anderen ließen sich auch Verbreitungswege besser nachvollziehen, so Timm. Er fordert eine Strategie, um zu entscheiden, nach welchen Kriterien die Proben für eine Sequenzierung ausgesucht werden sollen.