Um die Olympischen Spiele in Peking Corona-frei zu halten, werden Teilnehmer täglich getestet. Könnten PCR-Tests manipuliert werden, um Athleten auszuschließen? Das ist der Stand.
In rund zwei Wochen starten Olympischen Winterspiele in Peking. Jahrelang haben sich Sportler auf diese Gelegenheit vorbereitet - am Ende könnte die Medaillen-Hoffnung auch an einem Corona-Test scheitern.
DSV-Alpindirektor Wolfgang Maier mutmaßte in der ARD sogar über mögliche Manipulationen der Spiele durch Corona-Tests:
"Du bist dem komplett ausgeliefert, weil du nicht weißt, was sie testen, wie sie es testen. Und ob es deine Tests auch wirklich sind", so Maier weiter. Wie sind diese Vorwürfe einzuordnen?
So viele Tests müssen Olympia-Teilnehmer abgeben
Die Organisatoren wollen auf jeden Fall verhindern, dass sich die ansteckende Omikron-Variante unter den Teilnehmern ausbreitet. Im "Playbook", wie das 70 Seiten umfassende Regelwerk für Athleten heißt, ist genau vorgegeben, wie sich die Teilnehmer mit Blick auf das Coronavirus zu verhalten haben.
Wie bereits bei den Spielen in Tokio sind den Teams sogenannte Covid-19 Liaison-Mitarbeiter zugeordnet, die auf die Einhaltung aller Regeln achten sollen und bei Problemfällen koordinieren. Zusätzlich zu den Tests vor Abreise müssen sich Athleten und Team-Vertreter während der Spiele täglich testen lassen. So läuft das ab:
- In den Olympischen Dörfern und anderen Unterkünften sind Sammelstellen eingerichtet, wo täglich ein Rachenabstrich für einen PCR-Test gemacht werden muss.
- Testergebnisse werden gesammelt. Zweimal täglich erhalten die Liaison-Mitarbeiter ein Update, welche der Tests positiv oder unklar waren. Die Betroffenen werden informiert.
- Bei positivem oder unklarem Ergebnis ist dann ein weiterer PCR-Test zur Bestätigung Pflicht. Die Wartezeit auf dieses Ergebnis soll maximal fünf Stunden betragen. In dieser Zeit müssen die Betroffenen in Quarantäne.
- Ist auch dieses Ergebnis positiv, dürfen Athleten und Personal zunächst nicht mehr an den Spielen teilnehmen. Ob man Symptome hat oder nicht, entscheidet über die Art der Isolation.
- Es gibt eigene Einrichtungen zur Unterbringung positiver Teilnehmer - deren Größe und Einrichtung ist in den IOC-Dokumenten genau vorgegeben.
- Symptomfreie Positivfälle können aus der Isolation entlassen werden, sobald sie zwei negative PCR-Testergebnisse mit mindestens 24 Stunden Abstand zwischen den Proben vorweisen können. Sie stehen unter erhöhter Beobachtung, dürfen aber an Wettkämpfen teilnehmen und trainieren.
So werden die PCR-Tests in Peking ausgewertet
Wie glaubwürdig ein PCR-Testergebnis ist, hängt auch von seinem Ct-Wert ab. Er besagt, wie viele Replikationszyklen eine Probe durchläuft. Je weniger Viren vorhanden sind, desto mehr Zyklen sind nötig, bis ein Test positiv anschlägt.
Mit 40 setzen China und das IOC einen vergleichsweise strengen maximalen Ct-Wert an. Das Robert-Koch-Institut geht davon aus, dass eine Infektiosität erst ab 30 Zyklen und weniger gegeben ist. Die Sorge ist, dass mit Ct-Werten zwischen 31 und 40 auch Athleten aus dem Rennen genommen werden können, die nicht infektiös sind und bei denen ein PCR-Test in Deutschland negativ ausgefallen wäre.
Wer jetzt noch positiv auf Corona getestet wird, für den ist Olympia vorbei. Kontaktminimierung pflegen die Biathleten daher. Erik Lesser verzichtet gar auf die Rennen in Antholz.
Was sagen DOSB und IOC zu den Gerüchten um die PCR-Tests?
Der Deutsche Olympische Sportbund (DOSB) verweist gegenüber dem ZDF darauf, dass auch bei den Sommerspielen in Tokio dieser Ct-Wert von 40 gegolten habe.
Auf ZDFheute-Anfrage betont das Internationale Olympische Komitee (IOC), dass bei den PCR-Tests zwei verschiedene Reagenzien zum Einsatz kommen und drei verschiedene Gene des Coronavirus als Ziel definiert würden - das mache sie sehr spezifisch.
Ob die eingesetzten Labore von der chinesischen Regierung oder dem IOC benannt wurden, teilte das IOC nicht mit.
Dirk Schimmelpfennig, Chef de Mission bei den Winterspielen in Peking, zu Gast im aktuellen sportstudio
Ist ein Einspruch gegen ein Testergebnis möglich?
Die Teams müssen Testergebnisse nicht einfach hinnehmen. "Wenn wir in einem solchen Fall im Team D Zweifel an Ergebnis oder Verfahren hegen, können wir uns an ein international besetztes Experten-Panel wenden", teilt der DOSB mit.
Das Expertengremium umfasst 20 Personen, darunter Vertreter des staatlichen Chinesischen Zentrums für Krankheitskontrolle und -prävention und des IOC. "Das ist das gleiche Prinzip, das auch bereits bei den Olympischen Spielen 2020 in Tokio gut funktioniert hat", so das IOC.
Wie wird mit engen Kontaktpersonen umgegangen?
"Athleten und Teilnehmer mit einer essenziellen Rolle können weiter an den Olympischen Spielen teilnehmen, auch wenn sie als enge Kontaktperson einer positiv auf Covid-19 getesteten Person gelten", schreibt das IOC.
Für diese Personen seien zweifach tägliche Tests vorgeschrieben und sie müssten bei Verpflegung und Transport auf gesonderte Arrangements zurückgreifen, so das IOC.
Was sagen die Athleten dazu?
Die unabhängige Athleten-Vertretung Athleten Deutschland mahnt trotz Zusicherungen der Organisatoren zur Vorsicht: "Nach den Erfahrungen der letzten Jahre, insbesondere dem russischen Dopingskandal von 2014, wäre es naiv, nicht besorgt zu sein."
Die Sportler-Interessenvertretung fordert, dass die zweiten PCR-Tests zur Bestätigung einer Infektion unter Aufsicht eines Mitglieds des deutschen medizinischen Betreuungsteams geschehen können.
Nicht nur Doping-Anschläge, sondern auch Versuche, Athleten gezielt mit dem Coronavirus in Kontakt zu bringen, seien "realistische Szenarien". "Natürlich stellt das eine potenzielle Bedrohung dar", so Athleten Deutschland gegenüber ZDFheute. "Für die Athletinnen und Athleten selbst gibt es kaum Möglichkeiten, sich proaktiv gegen solche Manipulationen zu schützen."
In Peking müssen sich die Athleten noch an weitere Corona-Auflagen halten. Hier eine Übersicht:
- Der Corona-Fahrplan für die Athleten
Wer zu den Winterspielen nach Peking will, muss sich nicht nur sportlich qualifizieren, sondern sich auch an strenge Regeln halten. Der Corona-Fahrplan für Peking - ein Überblick.