Gesundheitsminister Lauterbach warnt, die Corona-Variante Omikron sei für Kinder besonders gefährlich. Stimmt das? ZDFheute hat die bisher bekannten Fakten zusammengetragen.
Bisher galt: Corona ist für Kinder meist eine harmlose Erkrankung, das Risiko, dass sie einen schweren Krankheitsverlauf erleiden und in die Klinik müssen, ist sehr gering. Doch die neue Omikron-Variante verunsichert viele Eltern, Gesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) sagte am Mittwoch im heute journal des ZDF, sie sei für Kinder "besonders bedrohlich":
Prompt widersprach der Virologe Klaus Stöhr in der Berliner Zeitung: Noch gebe es "keine Erkenntnisse, die auch nur annähernd den Schluss zulassen, Kinder wären von schweren Verläufen bei Omikron betroffen."
Bei Twitter trendete #Lauterbachlügt
Die Zeitung kommt in ihrem Faktencheck zu dem eindeutigen Schluss: Lauterbachs Aussage sei "vor dem Hintergrund der heute bekannten Fakten falsch." Eine Steilvorlage für viele Impfgegner und Querdenker: Bei Twitter trendete am Donnerstag der Hashtag #Lauterbachlügt.
Doch was ist wirklich dran an Lauterbachs Warnung? Tatsächlich ist eine eindeutige Antwort, wie gefährlich die Omikron-Variante für Kinder ist, mit den derzeitigen Daten nicht möglich.
Drosten besorgt wegen Berichte aus Südafrika
Der Virologe Christian Drosten von der Berliner Charité weist im Podcast "Coronavirus-Update" des NDR auf mehrere Berichte aus Südafrika hin, die nahelegen, dass Omikron Kinder häufiger ins Krankenhaus bringt:
In einer Untersuchung des südafrikanischen "Medical Research Council" waren knapp 20 Prozent der Menschen, die symptomatisch mit Covid-19 ins Krankenhaus eingeliefert wurden, Kinder im Alter bis neun Jahren - "was ganz anders ist als früher", so Drosten. Darüber müsse man sich "Sorgen machen".
Expertin: Hinweise mit "Vorsicht zu genießen"
"Es gibt unabhängig davon andere Berichte aus Südafrika, die das bestätigen", erklärt Drosten. Diese Berichte würden sogar nahelegen, dass die Krankenhausaufnahme-Rate bei kleinen Kindern bis fünf Jahre wegen Omikron noch überproportional angestiegen sei.
Dennoch schränkt Drosten ein, dass noch zu wenig Daten für eine belastbare Einschätzung vorliegen, insbesondere für die Situation in Deutschland.
Durch die Berichte aus Südafrika sieht auch Christine Falk, Präsidentin der Deutschen Gesellschaft für Immunologie, im Interview mit ZDFheute live die Gefahr, dass Kinder bei einer Infektion mit Omikron tendenziell eher "einen Krankenhausaufenthalt brauchen". Doch auch sie macht darauf aufmerksam, dass diese Hinweise aus Südafrika aufgrund der niedrigen Gesamtzahlen "mit Vorsicht zu genießen" seien.
Arzt berichtet von Hautausschlag durch Omikron
Darum bekräftigt auch Virologe Stöhr im Gespräch mit ZDFheute seine Haltung: "Hinweise gibt es schon - in beide Richtungen also sowohl für mildere als auch potentiell für schwerere Verläufe. Aber daraus können jetzt keine Schlussfolgerungen abgeleitet werden."
Es gebe vielleicht mehr Kinder, die ins Krankenhaus eingeliefert werden, "aber die meisten mit milderen Verläufen im Vergleich zum letzten Jahr." Gerade "in der gegenwärtigen Situation" sollte man von vorschnellen Schlussfolgerungen "Abstand nehmen", so Stöhr.
Möglicherweise unterscheidet sich nicht nur die Schwere des Krankheitsverlaufs, sondern auch die Symptomatik bei Kindern mit Omikron-Infektionen von Infektionen mit früheren Varianten: Ein Hausarzt in Großbritannien, wo bereits mehrere hundert Omikron-Fälle registriert wurden, berichtet im Interview mit dem TV-Sender "Sky News" von Kopfschmerzen und extremer Müdigkeit auch von Appetitlosigkeit und Hautausschlag.
Es gibt also Hinweise, dass Omikron mehr Kinder in die Krankenhäuser bringt als frühere Varianten. Gesicherte Erkenntnisse über die Gefährlichkeit sind aufgrund fehlernder Daten bisher nicht möglich. Drosten formuliert es im Podcast so: