So geht das Gesundheitsamt Frankfurt gegen die neue Omikron-Variante vor. Amtsleiter Tinnemann betont, dass andere Herausforderungen gerade höhere Priorität haben.
ZDFheute: Viele Gesundheitsämter in Deutschland sind wegen der Delta-Welle an der Belastungsgrenze. Sehen Sie die Gefahr, dass Omikron-Fälle deswegen unerkannt bleiben?
Peter Tinnemann: Da muss man sich den Ablauf vor Augen halten. Wenn uns ein positives Laborergebnis gemeldet wird, müssen wir herausfinden, ob die Person im südlichen Afrika gewesen ist oder Kontakt zu einer solchen Person hatte, also eine sogenannte Reiseanamnese hat, da wir im Moment davon ausgehen, dass Fälle von dort herkommen. Wenn dieser Verdacht besteht, dann ermitteln wir weiter, beispielsweise veranlassen wir dann weitere Untersuchungen der Probe.
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ZDFheute: Das heißt, Sie gehen im Moment noch nicht davon aus, dass hier in Europa unerkannte Fälle kursieren, die gar nicht auf Reiseverkehr aus der Region zurückgeführt werden können?
Tinnemann: Sicher ausschließen können wir das nicht. Es kann sein, dass Leute zuerst von Johannesburg nach Singapur geflogen sind und dann hier rüberkommen. Dann ist die Wahrscheinlichkeit gering, dass wir das überhaupt mitbekommen. Es kann sich auch jemand in Belgien oder in Hongkong anstecken. Dort hat es Fälle gegeben. Diese würden wir nicht nach einer Reiseanamnese zu Südafrika befragen.
ZDFheute: Werden Omikron-Verdachtsfälle von Ihnen mit erhöhter Priorität bearbeitet?
Tinnemann: Wir schauen uns alle Fälle mit der gleichen Wichtigkeit an. Natürlich interessiert uns, wer sind die Omikron-Fälle - aber sie bekommen von uns am Ende des Tages die gleiche Aufmerksamkeit wie alle anderen Fälle auch.
Der Chef des US-Pharmakonzerns Moderna rechnet damit, dass die Corona-Impfstoffe weniger wirksam gegen die neue Omikron-Variante sein könnten. Das sagte er der "Financial Times".
ZDFheute: Ihr Gesundheitsamt ist auch für den Frankfurter Flughafen zuständig. Wie versuchen Sie dort die Verbreitung der Variante zu begrenzen?
Tinnemann: Es wäre wichtig, dass die Passagiere vorab getestet werden, bevor sie das Flugzeug betreten. Wir nennen diese Tests vor dem Verlassen eines Landes Exit-Tests. Unserer Meinung nach sollte man darüber nachdenken, solche Exit-PCR-Tests mit nicht länger als 48 Stunden Gültigkeit vorzunehmen. Dann könnten wir mit höherer Sicherheit sagen, dass die Leute nicht positiv hier ankommen.
Ansonsten agieren wir nach der gültigen Einreiseverordnung. Mit der Einstufung der neuen Virus-Variante als sogenannte "besorgniserregende Variante" durch das RKI ist auch eine verlängerte Quarantäne erforderlich geworden. Diese Maßnahmen sind genau richtig. Aber um das mal einzuordnen - wir kennen von der Alpha- und Delta-Variante den Umgang mit solchen sogenannten besorgniserregenden Varianten.
ZDFheute: Es gibt täglich neue Erkenntnisse zu dieser Variante. Fühlen Sie sich von Ministerien und Wissenschaft ausreichend informiert, um gute Entscheidungen treffen zu können?
Tinnemann: Wir verfolgen natürlich die Informationen aus der Wissenschaft und lesen wissenschaftliche Publikationen. Wir haben keine eigenen wissenschaftlichen Fachberater, aber wir haben viele gute Leute im Amt, um die Situation aus einer bevölkerungsmedizinischen und infektiologischen Sicht gut einschätzen zu können. Neue Erkenntnisse gibt es in einer Pandemie fortlaufend. Und man steuert immer nach.
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ZDFheute: Haben Sie mit knappen Impfstoffen und der Delta-Welle aktuell nicht schon so viel um die Ohren, dass eine hypothetische Omikron-Gefahr hintenanstehen muss?
Tinnemann: Wir würden uns wünschen, dass uns solche Desaster wie die Impfstoff-Knappheit nicht belasten würden und dass wir verlässlich Impfstoff geliefert bekämen. Aber das Bundesgesundheitsministerium kommuniziert Sachen auf eine Art und sind dann aber in der Realität anders. Das ist außergewöhnlich belastend.
Das Interview führte Nils Metzger.
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