In zahlreichen Ländern Europas fehlt es aktuell massiv an Klinikpersonal. Grund: Hohe Krankenstände wegen Infektionen mit Omikron.
Obwohl die sich rasant verbreitende Variante des Coronavirus weniger starke Krankheitssymptome auslösen soll, stehen die Gesundheitssysteme in Ländern wie Spanien, Italien und Großbritannien vor großen Problemen. Denn trotzdem müssen etwa nach Angaben britischer Experten mehr Menschen behandelt werden, gleichzeitig sind aber massenhaft Ärzte und Pflegekräfte in Quarantäne oder infiziert. Nicht dringend nötige Operationen werden vielerorts verschoben.
Auch in Deutschland wächst die Sorge vor einer Überlastung des Gesundheitssystems. Die aktuellen Maßnahmen reichten nicht aus, um die Omikron-Welle einzudämmen, warnte der Grünen-Gesundheitspolitiker Janosch Dahmen.
Weil vermutlich sehr viele Menschen gleichzeitig infiziert oder quarantänepflichtig sein werden, könnte kritische Infrastruktur kollabieren.
Großbritannien: Privatkliniken sollen einspringen
"Durch Omikron müssen wir mehr Patienten behandeln, haben aber weniger Personal zur Verfügung", sagte Stephen Powis, medizinischer Leiter des britischen Gesundheitsdienstes NHS. In Großbritannien sollen auf Druck der Regierung in den kommenden drei Monaten private Krankenhäuser und Arztpraxen etwa Krebsoperationen vornehmen, die eigentlich in staatlichen NHS-Kliniken gemacht werden sollten.
Omikron breitet sich derzeit mit rasender Geschwindigkeit in Großbritannien aus, auf neue Einschränkungen des öffentlichen Lebens verzichtet die Regierung um Premierminister Boris Johnson bislang. Irgendwann werde das Gesundheitssystem mit Covid-19 leben können und den Druck aushalten, sagte der britische Minister Michael Gove. "Aber wir sind absolut noch nicht so weit. Vor uns liegen noch ein paar schwierige Wochen."
Spanien: Pflegende werden aus Rente geholt
In Spanien ist die personelle Situation in Krankenhäusern so angespannt, dass Pflegemitarbeiter aus der Rente zurückgeholt werden. Auch die Kontaktnachverfolgung in den Gesundheitsämtern könne nicht mehr ausreichend geleistet werden, erklärten die Behörden.
Einem Zeitungsbericht zufolge will Spanien künftig weniger strikt Infektionen nachverfolgen, weniger testen und wie bei klassischen Grippe-Erkrankungen vorgehen. Da die Todesfall-Raten bei Corona-Erkrankungen gesunken seien, könne es an der Zeit sein, mit der Pandemie auf anderen Wegen umzugehen, sagte der spanische Ministerpräsident Pedro Sanchez dem Sender SER.
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Niederlande: Starker Infektions-Anstieg
In den Niederlanden erwägen die Krankenhäuser, Personen mit einer symptomfreien Corona-Infektion weiterhin arbeiten zu lassen. An der Amsterdamer Universitätsklinik sei zuletzt jeder vierte Mitarbeiter positiv getestet worden, hieß es dort. Vor einer Woche habe die Positiv-Rate bei fünf Prozent gelegen.
In Italien ist die Situation ohnehin angespannt, da etwa vier Prozent der Krankenhausmitarbeiter von der Arbeit suspendiert sind, weil sie nicht geimpft sind. Die Gesundheitsbehörden dort dringen deshalb auf die Verschiebung von nicht notwendigen Operationen. Pflegepersonal und Ärzte müssen zum Teil ihre Urlaube verschieben.
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Corona wird nicht verschwinden, sondern heimisch. Vorrausetzung für eine Endemie: Eine Grundimmunität durch Impfungen und Infektionen.