Eine Modellrechnung des RKI sagt den Verlauf der Omikron-Welle in Deutschland voraus. Doch es gibt auch noch einige Unsicherheiten.
Wie verläuft die Omikron-Welle in den kommenden Wochen in Deutschland? Dazu hat nun das RKI eine Modellierung veröffenlticht. Erstellt wurde diese zusammen mit der Humboldt-Universität Berlin. Wichtig ist: Es handelt sich bei den Berechnungen nicht um Prognosen, sondern lediglich um Modellierungen eines möglichen Verlaufs der Omikron-Welle.
Die Modellierung kommt unter anderem zu dem Egebnis, dass das Abflachen der neuen Corona-Welle effektiver wäre als sie komplett zu unterdrücken. Bereits geringe Kontaktreduktionen könnten dabei entlasten. Frühe, strikte und kurze Kontaktreduktionen führten hingegen zu einem starken "Rebound"-Effekt, heißt es im Papier.
Welle abflachen statt hartem Lockdown
Damit ist gemeint, dass nach dem Aufheben der Maßnahme die Ansteckungen vergleichsweise stark hochschießen würden. Laut den Experten könnten Ausbrüche dann sogar noch größer ausfallen, da zu einem späteren Zeitpunkt die Wirkung der Booster-Impfungen in der Bevölkerung bereits abgefallen wäre.
Flache man die Welle ab, erreiche man kontinuierlich mehr natürliche Immunität, ohne das System zu überlasten, heißt es beim RKI. Auch wenn weiterhin eine hohe Wirksamkeit der Impfstoffe gegen schwere Verläufe anzunehmen sei, führe eine verminderte Wirksamkeit gegen Ansteckungen zu höheren Wachstumsraten mit großen Ausbrüchen und einer potenziell hohen Belastung des Gesundheitssystems und der kritischen Infrastruktur.
Bis zu 300.000 Omikron-Fälle pro Tag?
Das offenbar geringere Risiko für schwere Verläufe bei Omikron, verglichen mit Delta, gebe Grund zur Hoffnung. Doch erstmal werden die Fallzahlen den Berechnungen zufolge weiterhin ansteigen. Insgesamt ist laut Modellierung bis zum 1. April eine Gesamtzahl an gemeldeten Omikron-Fällen in Medianhöhe von 16,5 Millionen zu erwarten.
Die Rede ist außerdem davon, dass im Median mit Maximalwerten in einer Größenordnung von 300.000 neuen Fällen pro Tag zu rechnen sei. Die Schwankungen bei diesen Berechnungen sind allerdings sehr groß. Zu den Schwierigkeiten zählen zahlreiche Unsicherheiten, etwa in Bezug auf die Dunkelziffer bei den Infizierten, bei der Zahl der Genesenen sowie ihrer Immunität. Wie verlässlich ist so ein Modell also?
Die Unsicherheiten seien hoch, aber zuverlässig berechnet, hieß es von Prof. Dr. Andreas Schuppert von der RWTH Aachen. Für die Deutsche Interdisziplinäre Vereinigung für Intensiv- und Notfallmedizin berechnet er selbst solche Modellierungen. "Es ist sicher eines der momentan besten Modelle."
Ein Faktor, der allerdings nicht mit in die Modellierung eingeflossen ist, sind die verschiedenen Omikron-Subtypen. Momentan dominiert Subtyp BA.1, der neue Subtyp BA.2 könnte laut Experten allerdings noch besser übertragbar sein. Das könnte die Pandemie verlängern, weil sich mehr Menschen zeitverzögert anstecken. Auch der Einfluss von Saisonalität wurde nicht berücksichtigt, sowie die unterschiedlichen Kontakte zwischen den Altersgruppen.
Krankenhausgesellschaft: Lage bleibt angespannt
"Aktuell sind das 30 Prozent mehr Covid-Patienten in den Normalstationen als in der Vorwoche. Die Intensivstationen registrieren zwar auch wieder mehr Neuaufnahmen, aber auf einem weitaus niedrigeren Niveau als in der Vergangenheit", sagt Gerald Gaß, Vorsitzender der Deutschen Krankenhausgesellschaft.
Angespannt bleibe die Lage jedoch nach wie vor, auch wegen der steigenden krankheitsbedingten Personalausfälle.
Lauterbach kennt das RKI-Modell
Die Modellierung des RKI und mehrere Aktualisierungen seien dem Bundesgesundheitsministerium bereits in den vergangenen Wochen mitgeteilt worden, so das RKI selbst. Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) hatte sich zuletzt mehrfach zum möglichen weiteren Verlauf der Welle geäußert und sich dabei auf Modellierungen berufen. Er bekräftigte, dass sie nach Modellrechnungen noch weiter bis auf 400.000 pro Tag steigen könnten.
Auch eine DIVI-Sprecherin erklärt, dass die Vereinigung die momentane Situation beobachtet - aber nicht damit rechnet, dass Intensivstationen wieder überlastet werden. "Das wäre der Fall, wenn wir morgen sämtliche Maßnahmen fallen lassen würden." Momentan sei die Lage beherrschbar. Oder wie Biomediziner Dr. Schuppert es formuliert: "Nur auf Basis der Prognosen würde ich keine weitreichenden Entscheidungen treffen, außer denen, die sowieso immer richtig sind: Maske tragen und Impfen."
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