Rund 600 Passagiere aus Südafrika sollten am Amsterdamer Flughafen Schiphol nach der Ankunft auf das Coronavirus getestet werden - und warteten darauf in einem unbelüfteten Raum.
Stundenlang eingepfercht in einem unbelüfteten Raum, viele Reisende ohne Mund-Nasen-Schutz - am Amsterdamer Flughafen Schiphol haben sich nach Berichten von Passagieren in der Nacht zu Samstag verstörende Szenen abgespielt. Die Insassen von zwei aus Südafrika gelandeten Maschinen wurden wegen der in ihrem Abflugsland zuerst festgestellten neuen Corona-Variante abgefangen und getestet. Nach Stunden war klar, dass 61 von rund 600 Passagieren Corona-positiv sind - ob die sogenannte Omikron-Variante darunter ist, wird noch geprüft.
Nach Angaben der niederländischen Behörden sind unter ihnen "wahrscheinlich" auch Menschen mit der neuen Virusvariante. "Die Omikron-Variante ist wahrscheinlich bei einigen getesteten Menschen gefunden worden", teilte das Nationale Institut für öffentliche Gesundheit (RIVM) am Samstag mit. Es würden weitere Analysen vorgenommen, um endgültig zu bestimmen, ob die neue Virusvariante dabei sei.
Aus Sorge vor einer neuen Coronavirus-Variante schränken Deutschland und andere Staaten den Flugverkehr aus Südafrika ein. Außerdem fordern das RKI und der Bundesgesundheitsminister mehr Kontaktbeschränkungen.
"Die Organisation war leider schrecklich"
Nach Berichten von Mitreisenden dauerte es Stunden, bis überhaupt mit den Tests angefangen wurde. Die Menschen im Flugzeug wurden "von der Rollbahn in einen isolierten Raum gebracht, wo wir vier Stunden lang warteten, bevor wir getestet wurden", sagte die Passagierin Paula Zimmerman der Nachrichtenagentur AFP. "Jeder im Flugzeug war da drin", auf Abstandsregeln sei kaum geachtet worden.
Nach stundenlangem Warten habe sie endlich ein negatives Ergebnis erhalten, müsse nun aber fünf Tage in häuslicher Quarantäne verbringen, sagte Zimmermann, die ihre Nacht in Videos auf Twitter dokumentierte.
Ihr letztes Video, das dort kurz vor 4 Uhr veröffentlicht wurde, zeigte eine Schlange weiterer Passagiere, die auf ihre Tests warteten, während andere auf Bänken und auf dem Boden schliefen. "Die Organisation war leider schrecklich. Daraus muss für die Zukunft gelernt werden", twitterte Zimmermann.
- Was Wissenschaft und Politik jetzt fordern
Während die Zahlen der Corona-Neuinfektionen stetig ansteigen, wird in Südafrika eine neue Virusvariante entdeckt. Wissenschaft und Politik fordern schärfere Maßnahmen.
Teilweise ohne Maske zusammengepfercht
Ebenfalls an Bord einer der Maschinen war Stephanie Nolen, Gesundheitsreporterin für die "New York Times". Sie sprach bei Twitter von einer "Dystopie". Passagiere, darunter Babys und Kleinkinder, warteten zusammengepfercht darauf, getestet zu werden, während "immer noch 30 Prozent der Menschen keine Maske" getragen hätten - viele "nur über dem Mund".
"Wir sind einfach in diesem unbelüfteten Raum seit zwölf Stunde und atmen uns gegenseitig an", schrieb Nolen. Am Samstagmorgen konnte sie ihre Reise nach Toronto in Kanada fortsetzen.
Wut über Planlosigkeit der Behörden
An einem bestimmten Punkt habe er das Gefühl gehabt, gefangen genommen zu werden, berichtete ein weiterer Passagier. "Es gab keine Orientierung, niemand wusste, was vor sich ging", sagte der 33-jährige Philippe. "Es war eine sehr unsichere Situation, und die Leute wurden sehr wütend darüber."
Auch er sei wütend, sagte Philippe.
Niederländische Gesundheitsbehörde verteidigt sich
"Wir verstehen, dass die Leute darüber frustriert sind", erklärte die niederländische Gesundheitsbehörde GGD zu den langen Wartezeiten auf die Testergebnisse. "Sie haben gerade eine lange Reise hinter sich und gehen davon aus, dass sie nun bald zu Hause sein werden." Stattdessen seien sie "mit der in den Niederlanden noch nie dagewesenen Situation konfrontiert worden, dass sie in Schiphol getestet werden und dann auf das Ergebnis warten müssen".
Die 61 positiv-getesteten Passagiere warten nun in einem Quarantänehotel nahe des Flughafens auf die Nachricht, ob sie sich mit der neuen Omikron-Variante angesteckt haben.
- Tabletten gegen Corona - was bringen sie?
Zwei Medikamente gegen Covid-19 gelten derzeit als vielversprechend: Paxlovid und Molnupiravir – mit antiviralem Wirkstoff, der die Virusvermehrung im Körper hemmt.