Triage wegen Corona an einer Klinik in Sachsen? Davon soll ein Arzt gesprochen haben. Die Klinik selber äußert sich nicht dazu, betont aber: Die Lage ist ernst.
Am Tag, als Deutschland in den zweiten Lockdown geht und einen traurigen Höchstwert von 952 Corona-Toten meldet, wird in Sachsen ein Schreckenswort laut: Triage. Berichten zufolge hat ein Mediziner aus Zittau am Dienstagabend in einem Online-Forum davon gesprochen, dass am Klinikum Oberlausitzer Bergland schon mehrfach triagiert werden musste, weil nicht genügend Beatmungsbetten zur Verfügung stehen.
Klinik: Lage ist kritisch
Triage bedeutet, dass Ärzte bei knappen Ressourcen entscheiden müssen, wem sie zuerst helfen. Die Klinik bestätigt oder dementiert die Schilderungen des Arztes am Mittwoch nicht ausdrücklich. Stattdessen betont sie: Die Lage ist kritisch.
Dem Nachrichtenportal t-online hatte der Ärztliche Direktor des Klinikums, Mathias Mengel, gesagt: "Wir waren in den vergangenen Tagen schon mehrere Male in der Situation, dass wir entscheiden mussten, wer Sauerstoff bekommt und wer nicht." Es werde versucht, die Patienten, für die es keine Versorgung gibt, in eine andere Klinik zu verlegen. "Aber wir sind im Epizentrum, manche Häuser nehmen gar nicht mehr auf." Die Entscheidung könne auch bedeuten, dass es für einen nicht verlegungsfähigen Patienten dann keine entsprechende Hilfe mehr gebe.
Spahn: Patienten alle versorgt
Nach Auffassung von Bundesgesundheitsminister Jens Spahn können noch alle Patienten in deutschen Kliniken versorgt werden. Auf eine entsprechende Frage sagte der CDU-Politiker im ZDF:
Man habe eine unterschiedliche Lage in Deutschland, sagte Spahn. "Besonders in Sachsen auch ein sehr, sehr hohes Infektionsgeschehen, auch eine im Schnitt ältere Bevölkerung, damit mehr schwere und schwerste Verläufe, und das macht zum Beispiel auch schon das Verlegen von Patienten von einer Klinik zu einer anderen notwendig, um Kapazitäten freizuhaben." Die Lage sei sehr angespannt und "das zeigt eben, es war, ist und bleibt richtig", die härteren Einschränkungen beschlossen zu haben.
Bundesgesundheitsminister Jens Spahn erklärt: Die Corona-Pandemie fordere weiter viel Disziplin von den Menschen, um eine weitere Ausbreitung zu beschränken.
Divi: Nicht an dem Punkt, priorisieren zu müssen
Die Deutsche Interdisziplinäre Vereinigung für Intensiv- und Notfallmedizin (Divi) und die Fachgruppe COVRIIN beim Robert-Koch-Institut (RKI) erklärten am Mittwoch in einer gemeinsamen Stellungnahme, das deutsche Gesundheitssystem sei derzeit zwar stark belastet, doch sie betonten zugleich:
Wer wird behandelt? Wer muss warten? Im Notfall müssen Mediziner*innen priorisieren: Triage. Wie funktioniert die Methode?
Der Landkreis Görlitz, in dem Zittau liegt, ist einer der Corona-Hotspots in Deutschland. Das sächsische Gesundheitsministerium beziffert die Sieben-Tages-Inzidenz, also den Wert an Neuerkrankungen je 100.000 Einwohner binnen einer Woche, am Mittwoch auf 532,6. In ganz Sachsen sind es 407, was mehr als doppelt so hoch wie im Bundesdurchschnitt ist.
Sachsens Gesundheitsministerin Petra Köpping versteht die Äußerungen des Arztes als Warnruf: Man habe in Zittau einen "Weckruf" gestartet, die Verantwortlichen wollten zeigen: "Wir wissen bald nicht mehr, wie wir die Patienten versorgen sollen", erklärt die SPD-Politikerin.
Leitstelle: Verlegungen wegen Kapazitätsgrenzen
Koordiniert werden die Kapazitäten in Ostsachsen von einer Krankenhausleitstelle, die am Uniklinikum Dresden angesiedelt ist. In den vergangenen Tagen hätten verstärkt Patienten aus den Landkreisen Bautzen und Görlitz in entferntere Krankenhäuser verlegt werden müssen, sagt der Chef der Leitstelle, Christian Kleber.
Diese Transporte nach Dresden und Leipzig gebe es immer dann, wenn regionale Krankenhäuser keine Aufnahmekapazitäten für Corona-Patienten mehr hätten. Noch habe es sich aber um Einzelfälle gehandelt.