Der Vogtlandkreis hat die höchste Corona-Inzidenz in Deutschland. Die Politik steht massiv in der Kritik, aber auch die Bevölkerung hat ihren Anteil.
Der Vogtlandkreis kämpft schon seit Anfang Dezember mit besonders hohen Corona-Infektionszahlen. Die 7-Tage-Inzidenz pro 100.000 Einwohnern liegt laut Angaben des Robert-Koch-Instituts am Sonntag bei 745,6, laut Risklayer sogar bei 1.032. Damit ist der südwestlichste Zipfel Sachsens Negativ-Spitzenreiter in Deutschland.
Warum sich die täglichen Zahlen im Vogtlandkreis seit dem 23. Dezember fast verdoppelt haben, kann auch der Landkreis nicht nachvollziehbar erklären. Eine allgemeine Pandemiemüdigkeit ist erkennbar, auch wenn sich die Mehrheit der Bevölkerung an die AHA-Regeln hält.
Corona-Leugner und Grenznähe zu Tschechien
Doch immer wieder trifft man vor Ort Menschen ohne Maske an, die sich nicht nur nicht an die Regeln halten, sondern diese auch leugnen. Erst in der Nacht zum Sonntag wurde ein Impfzentrum im vogtländischen Treuen mit Farbe besprüht. Das Gebäude und mehrere Wegweiser waren nach Polizeiangaben vom Sonntag jeweils mit dem Wort "Gift" versehen.
Aber auch die Grenznähe zu Tschechien spielt eine Rolle. Während des Shutdowns in Tschechien ermöglichte der kleine Grenzverkehr das Einkaufen auf deutscher Seite. Inzwischen ist der kleine Grenzverkehr untersagt, doch zahlreiche tschechische Berufspendler dürfen weiterhin nach Sachsen kommen, unter ihnen viele Fachkräfte, die vor allem in medizinischen und Pflegeberufen arbeiten und dringend benötigt werden.
Bearbeitungsstau im Vogtlandkreis soll nun behoben sein
Das Landratsamt erklärt: Die hohen Infektionszahlen im Landkreis wären unter anderem eine Folge der Aufarbeitung eines erheblichen Bearbeitungsstaus, der sich bis Mitte Dezember ergeben hätte.
Seit dem 28. Dezember aber seien die Zahlen wieder aktuell. Schwerpunkte der Infektionen seien nach wie vor die Alten- und Pflegeheime im Landkreis.
Diskutables Corona-Meldesystem in der Kritik
Erschwert wird die Lage dadurch, dass der Vogtlandkreis an Wochenenden keine aktuellen Zahlen meldet. Während andere Landkreise die Zahlen zumindest nachliefern, gibt der Vogtlandkreis am Montag immer nur Zahlen vom Sonntag und nicht vom Gesamtwochenende an. Als Begründung führt das Landratsamt an, dass am Wochenende keine Verpflichtung für das Gesundheitsamt bestehe, Zahlen zu melden.
Zudem ist eine Diskussion um das Corona-Management von Landrat Rolf Keil entbrannt. Der Unmut über die Situation ist groß und eint linke und rechte politische Lager. Selbst aus der eigenen Partei erfährt Keil Widerstand. Die "Freie Presse" zitiert den CDU-Landtagsabgeordneten und -Kreischef Sören Voigt: "Für mich unverständlich ist, dass beim Besuch des Ministerpräsidenten am 11. Dezember 2020 im Gesundheitsamt des Vogtlandkreises und in den Tagen danach die Lage nicht in aller Deutlichkeit dargestellt wurde."
Vogtland-Landrat Keil sieht keine Defizite
Auch Linken-Kreischefin Janina Pfau übt über die Lokalzeitung scharfe Kritik: "Es kann nicht sein, dass Menschen, die glauben, sich infiziert zu haben, im Regen stehen gelassen werden. Es wird immer offensichtlicher, dass der Landrat mit der aktuellen Situation völlig überfordert ist."
Landrat Rolf Keil (CDU) sieht keine Defizite. Er habe nach Bekanntwerden der Unstimmigkeiten bei den Corona-Zahlen umgehend gehandelt. Am 16. Dezember, fünf Tage nach dem Besuch des Ministerpräsidenten Michael Kretschmer (CDU), sei das Gesundheitsamt mit 30 Soldaten und 15 weiteren Mitarbeitern aufgestockt worden.
Keil kämpft in diesen Tagen auch an anderer Stelle. Anders als im bayerischen Nachbarlandkreis Hof entsteht das Impfzentrum in Plauen, der Kreisstadt des Vogtlandkreises, erst noch.
Steffi Moritz-Möller ist Reporterin im ZDF-Studio Dresden.