Trotz Delta sollen die Schulen im Herbst möglichst geöffnet bleiben. Virologe Christan Drosten hat Vorschläge für den Corona-Schulbetrieb.
Pünktlich zum Beginn der vierten Corona-Welle gehen in vielen Bundesländern die Ferien zu Ende und ein neues Schuljahr beginnt - und zwar im Präsenzunterricht.
Und so mischt sich für viele Schülerinnen und Schüler neben der Freude, die Klassenkameraden wieder zu sehen, sicherlich auch die Angst, sich im Unterricht mit dem Coronavirus zu infizieren.
Drosten: Unkontrollierte Durchseuchung vermeiden
Prinzipiell scheint das kindliche Immunsystem auf die Attacken von Sars-CoV-2 besser vorbereitet zu sein als das von Erwachsenen, wie Forschende aus Berlin und Heidelberg jüngst im Fachmagazin "Nature Biotechnology" berichteten.
Dennoch gelte es, bei den Kindern den Mittelweg zwischen rasanter Durchseuchung und strengsten Vermeidungsmaßnahmen zu finden, so der Berliner Virologe Christian Drosten.
Hohe Nachfrage an Kinder-Impfungen
Ganz zentral bleibe da das Erwachsenen-Umfeld. Lehrer und Eltern sollten möglichst zu 100 Prozent geimpft sein, betont Drosten. Vorstellbar seien etwa Impfkampagnen für Eltern an den Schulen. Denn: "Natürlich dürfen die Schulen möglichst nicht noch einmal geschlossen werden."
Einige Bundesländer sind mit mobilen Impfteams an Schulen unterwegs. Setzt das Jugendliche unter Druck? Gehören medizinische Angebot in Arztpraxen?
Unterdessen beobachten Kinderärztinnen und -ärzte eine hohe Nachfrage nach Impfungen in den Praxen, seit die Ständige Impfkommission Mitte August eine uneingeschränkte Impfempfehlung für Kinder und Jugendliche ab 12 Jahren ausgesprochen hat.
Auf die medizinische Empfehlung der Kommission hätten viele Eltern gewartet, hatte Jakob Maske, Sprecher des Berufsverbands der Kinder- und Jugendärzte, gesagt. Neben dem Gesundheitsschutz für ihre Kinder gehe es vielen nun auch darum, mit Hilfe der Impfungen neue Schulschließungen möglichst zu verhindern.
Drosten fordert bessere Hygiene- und Testkonzepte an Schulen
Ungeachtet dessen bleiben die etablierten Hygiene- und Testkonzepte an den Schulen enorm wichtig, um die Ausbreitung des Virus unter Kontrolle zu halten.
Vor allem in den jüngeren Altersgruppen breitet sich laut RKI das Coronavirus besonders aus. Sind sie jetzt mehr gefährdet?
Hier sieht Virologe Drosten Nachbesserungsbedarf. Die bisherige Dauer der Quarantäne für Schüler von Klassen, in denen Covid-19-Fälle bestätigt wurden sei "unerträglich lange", sagt er.
Statt der geltenden 14 Tage sollten die Schüler künftig nur fünf Tage in Quarantäne geschickt werden. Weitere Vorschläge des Charité-Forschers sind:
- kontinuierliches Testen
- Quarantäne für die ganze Klasse schon beim ersten Fall (nicht wie bisher erst beim zweiten)
Drosten: Lolli-Tests keine Dauerlösung
In sogenannten Lolli-Tests, bei dem die ganze Klasse eine Probe ans Labor schickt, die dann mit der PCR-Methode untersucht wird, sieht Drosten als keine dauerhafte Alternative.
Kein gewöhnlicher Lolli, sondern ein Wattestäbchen: Damit werden bei einem Modellversuch in Niedersachsen Kita-Kinder auf Corona getestet.
Ab Herbst werde es wieder einen hohen Druck auf die Kapazitäten der PCR-Test-Labore aus den Kliniken geben, wenn dort die Patientenzahlen wieder stiegen.
Die herkömmlichen Antigen-Selbsttests werden daher aus seiner Sicht auch im Herbst und Winter der Standard bleiben.
[Debatte um Impfempfehlung: Das müssen Sie zu Impfungen für Kinder wissen]
USA: mehr Kinder auf Intensivstation
Mit einer Entwicklung wie in den USA, wo zur Zeit vergleichsweise viele Minderjährige mit Corona-Infektion in Kliniken eingeliefert werden, rechnen Kinder- und Jugendärzte in Deutschland bisher nicht.
[Lesen Sie hier, wieso Kinder in den USA momentan besonders von Corona betroffen sind.]
Von Anfang an habe es in den USA unter Jugendlichen deutlich mehr Covid-19-Todesfälle gegeben als hierzulande, sagt Sprecher Jakob Maske.