Die Pandemie stellt Alleinstehende vor besondere Herausforderungen. Fünf Singles berichten von schönen und schlimmen Momenten zwischen Sprachnachrichten und Rotwein.
Rose, 24, Berlin
Am Anfang der Pandemie war ich noch in einer mehrjährigen Beziehung. Ich war zu der Zeit im Ausland, er in Berlin. Wir haben uns viel länger nicht gesehen als geplant.
Als wir wieder beisammen waren, haben wir uns getrennt. Am zehnten Quarantäne-Tag. Das war ein Schock, mittlerweile weiß ich den Zustand aber zu schätzen. Ich war immer irgendwie an jemanden gebunden - bis jetzt.
Im Moment findet natürlich alles online statt oder man geht spazieren. Im Winter war es dafür oft zu kalt, man konnte sich nur zu Hause treffen.
Einmal war ich mit einer Frau verabredet, sie war nicht warm genug angezogen und ich zu höflich, um zu sagen: "Sorry, ich will dich lieber nicht zu mir nach Hause lassen." Irgendwie entsteht dann so ein Druck, das stresst mich im Nachhinein. Ich vermisse es, Leute organisch auf Partys kennenzulernen.
Mein Immunsystem ist ziemlich geschwächt, deshalb mache ich viele Abstriche. Oft sind Dates meine einzigen Kontakte. Das ist ein Kompromiss, auch wenn er nicht in jeder Hinsicht Sinn ergibt.
Ich bin nicht mehr derselbe Mensch wie vor der Pandemie, mein Leben hat sich komplett verändert. Das ist manchmal schmerzhaft, aber eigentlich auch aufregend. Die Hauptsache ist, dass man nicht verbittert.
Sebastian, 29, bei Koblenz
Ich bin Heilerziehungspfleger und habe meine Kontakte gleich zu Beginn der Pandemie massiv eingeschränkt, damit ich meine Klient*innen nicht gefährde. Wenn ich also ausnahmsweise jemanden treffe, ist das meistens ein Freund oder eine Freundin, Dating ist per se in den Hintergrund gerückt.
Viele Männer auf Grindr und Gay Romeo scheinen trotz Pandemie so weiterzuleben wie vorher, Sexdates inklusive. Wieder einige wollen nur schreiben, ich habe aber die Erfahrung gemacht, dass diese Bekanntschaften schnell im Sande verlaufen.
Ich lerne gerne neue Leute kennen, auch wenn es im Nachhinein nicht die große Liebe ist. Ich brauche neuen Input und die Aufregung, die da immer mit dabei ist. Es frustriert mich, dass man sich nicht mehr ungezwungen in einer Bar treffen kann. Ich empfinde die Zeit im Moment als sehr nüchtern, in jedem Sinne.
So nimmt man die andere Person ganz anders war - ihren Tonfall, das Lachen und alle anderen Emotionen. Letzte Woche haben wir uns das erste Mal bei ihm getroffen und zusammen gekocht. Ich hatte vorher einen Corona-Test gemacht und er seine Kontakte eingeschränkt. Wir nähern uns vorsichtig an, der Vibe stimmt.
Ute, 83, bei Konstanz
Mein Leben hat sich durch Corona kaum verändert. Ich habe schon vorher fast kontaktlos gelebt, weil es sich einfach so ergeben hat. Ich bin eine Übriggebliebene. Mein Mann ist mit 64 Jahren gestorben, ich war damals 55. Seitdem bin ich alleine. Mit 20 Jahren bin ich aus der DDR geflohen und kannte hier erst mal niemanden.
Ich bin in meinem Leben viel gereist, das hat mir mein Günther ermöglicht. Wegen ihm konnte ich die Welt sehen und viele alte Kulturen kennenlernen. Aktuell beschäftige ich mich viel mit der Forschung und lese jede Woche die "Zeit". Das ist eine willkommene Abwechslung zu allem. Ich zehre von vielen wunderbaren Erinnerungen und mit dem Bodensee habe ich das Meer vor der Tür.
Meine Gedanken sind in diesen Zeiten bei der Jugend und den Menschen, die in der Kunst, Kultur oder im Tourismus arbeiten. Sie tun mir furchtbar leid.
Letzten Sommer konnte ich trotz Corona eine Busreise in Island machen. Sie wurde fast abgesagt. Nachdem alle getestet wurden, konnte sie aber stattfinden. Die Natur dort zu sehen war unglaublich.
In 14 Tagen kriege ich wohl einen Impftermin. Ich habe meinem Sohn gesagt, er soll sich darum kümmern. Die Terminvergabe am Telefon ist eine Katastrophe.
Es erschüttert mich immer noch, wie schnell dieses Virus eine Pandemie ausgelöst hat. Ich glaube, dass sie eine Folge unseres Umgangs mit den Tieren und der Erde ist.
Johannes, 35, Hamburg
Im Winter bin ich psychisch ziemlich auf dem Zahnfleisch gegangen. Ich bin Projektmanager in einer Digitalagentur und arbeite im Homeoffice. Wenn man den ganzen Tag in Videokonferenzen hängt, merkt man einmal mehr, dass man Single ist. Mir hat die Muße gefehlt, jemanden kennenzulernen.
Ich lebe seit dreieinhalb Jahren getrennt und habe zwei Töchter. Klar habe ich in der Zeit Erfahrungen mit Online-Dating gemacht, aber nie exzessiv, weil die Qualität der Begegnungen trotz der Vorauswahl eher schlechter ist als im echten Leben.
Seit der Pandemie hatte ich zwei bis drei Dates, eins davon erst letzte Woche. Auf einmal war der Frühling endlich da, aber ich habe gemerkt, dass ich wahnsinnig nervös war, eine fremde Person zu treffen. Wie begrüßt man sich in Pandemie-Zeiten? Wir haben uns an der Elbe kurz umarmt, was völlig okay war, weil wir sowieso den ganzen Abend miteinander verbracht haben.
Das Date war ganz schön, ich hatte eine Flasche Wein und zwei Gläser dabei, das hilft ja bei der Aufregung. Aber ich sehne mich nach der Zeit danach, den Partys, den Clubs und den Nächten, die einfach so passieren.
Laura, 36, Berlin
Ich lebe mit meinem dreijährigen Sohn zusammen und bin seit fast zwei Jahren Single. Im Frühling und Sommer war mein Interesse an Dates gar nicht so groß. Außerdem spielte sich das Leben größtenteils draußen ab, sodass neue Begegnungen zumindest theoretisch möglich waren. Mittlerweile geht fast gar nichts mehr, aber ich habe mich ziemlich gut mit der Situation arrangieren können.
Klar fehlen bestimmte Dinge: Flirts, Austausch, die körperliche Nähe. Auch wenn ich jetzt wieder offen für Dates wäre, kann ich dem Online-Dating nichts abgewinnen. Das mag romantisch oder altmodisch sein. Aber ein Profilbild mit Text und Beschreibung wirkt auf mich steril und für das ewige Schreiben habe ich weder Zeit noch Energie. Ein klares 1:0 für die Pandemie in der Hinsicht.
Klar, hat die Pandemie Türen zugemacht aber, sie hat auch andere geöffnet. Wenn es für uns alle wieder sicher ist, schaue ich einfach, was das Leben mit sich bringt.