Hupkonzerte, Böller, Dosenbier, Straßen voller Menschen: Spanien feiert das Ende des Corona-Notstands. Manche Experten halten das jedoch für zu früh.
In Spanien haben Zigtausende in der Nacht zum Sonntag nach sechs Monaten euphorisch das Ende des Corona-Notstands gefeiert. Im Herzen der Hauptstadt Madrid war der Platz Puerta del Sol auch um 02.00 Uhr morgen noch voller Menschen.
Die meisten dachten noch gar nicht daran, ins Bett zu gehen. "Alkohol, Alkohol. Wir sind hier, um uns zu betrinken", sang eine Gruppe freudetrunkener - und wohl auch schon beschwipster - junger Leute. Aus Barcelona und anderen Städten gab es ähnliche Bilder. Viele achteten weder auf Abstandsregeln noch trugen sie Masken. Experten warnen nun vor neuen Infektionen.
Immer noch hohe Inzidenz-Werte
Die Präsidentin von Spaniens Epidemiologischer Gesellschaft, Elena Vanessa Martínez, sagte der Zeitung "El País", es gebe immer noch viele Infizierte, die das Virus weitergeben könnten. Die Zahl der Geimpften sei noch klein. Mehr Kontakte führten zu mehr Infektionen. Sie sagte:
Die Corona-Zahlen in dem EU-Land mit seinen 47 Millionen Einwohnern sind zum Teil noch hoch. In der Hauptstadt Madrid liegt die Sieben-Tage-Inzidenz bei 130. Zum Vergleich: In Deutschland betrug der Wert am Sonntag 118,6.
Keine Ausgangssperre, Inlandsreisen möglich
Die meisten der teils sehr strengen Beschränkungen waren im einstigen Infektions-Hotspot der Europäischen Union mit dem Ende des Corona-Notstandes um Mitternacht ausgelaufen. Dazu gehörte die bisher landesweit geltende nächtliche Ausgangssperre.
Sie wird nun nur noch in einigen Regionen eine Zeit lang beibehalten. Landesweit wurde unter anderem auch die Abriegelung zahlreicher Regionen beendet. Reisen innerhalb des Landes sind nun wieder erlaubt.
Endlich wieder Familie besuchen
Aus Madrid darf man zum Beispiel wieder ans Meer nach Andalusien, Valencia oder Katalonien. Wichtiger noch für viele: Nach einem halben Jahr nur per WhatsApp, Skype oder Zoom darf man Freunde und Familie wieder in die Arme schließen. "Endlich kann ich meinen Sohn, meine Schwiegertochter und meine Enkelkinder in Cádiz besuchen", sagt die bereits geimpfte Witwe Asunción im Ausgehviertel Malasaña.
Die 82-Jährige hält sich die Ohren zu, als einige Jungs neben ihr Böller abfeuern und "Freiheit, Freiheit!" skandieren.
Regierung mahnt zur Vorsicht
Spaniens Linksregierung mahnt unterdessen zur Vorsicht. "Die Pandemie ist noch nicht zu Ende", sagte Vize-Ministerpräsidentin Carmen Calvo am Samstag. Die Sorge ist groß, dass sich das vergangene Jahr wiederholen könnte: Damals hatte die Regierung im Juni eine "neue Normalität" mit vielen Lockerungen ausgerufen.
Bis November schossen die Corona-Zahlen dann wieder so in die Höhe, dass die Regierung die Notbremse ziehen musste und den Notstand erklärte, der die rechtliche Grundlage für landesweite Einschränkungen bildete.
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