Nur rund ein Drittel der Menschen, die aus der Ukraine nach Deutschland kommen, ist gegen Corona geimpft. Sie sollen Impfangebote bekommen, doch die Impfskepsis ist groß.
Der Krieg überschattet die Pandemie in der Ukraine. Neuinfektionen, Todesfälle, Krankenhauseinweisungen - die Zahlen dazu sind mit großen Unsicherheiten behaftet, da die Datenlage begrenzt ist. Nach Angaben der Weltgesundheitsorganisation (WHO) wurden in der Ukraine zwischen dem 31. März und dem 5. April 14.120 neue Fälle und 147 Todesfälle registriert.
Eine weitere Folge des russischen Einmarschs:
Ein Drittel der in Deutschland ankommenden Ukrainer geimpft
Die letzten offiziellen Zahlen zur Impfquote in der Ukraine stammen vom 27. Februar. Demnach sind knapp 35 Prozent der Bevölkerung doppelt geimpft. Einen Booster haben den Angaben zufolge lediglich zwei Prozent.
Mit Stand 8. April haben laut Bundespolizei rund 320.000 Geflüchtete aus der Ukraine Deutschland erreicht. Die niedrige Impfquote spiegelt sich auch hier wider: Etwa jede dritte Person sei geimpft, so die Schätzung, die die Senatsverwaltung für Integration, Arbeit und Soziales in Berlin auf ZDFheute-Anfrage nennt.
Bei dieser Zahl werden auch Impfungen mit den in der EU nicht zugelassenen Impfstoffen Sputnik oder Sinovac berücksichtigt. Diese Menschen gelten hierzulande als ungeimpft und müssten mit einem mRNA-Impfstoff nachgeimpft werden, um den vollständigen Impfstatus zu bekommen.
Corona-Impfangebote für Geflüchtete
Bund und Länder hatten sich am Donnerstag darauf verständigt, den Geflüchteten über Impfzentren und mobile Impfteams "schnelle und einfache" Impfangebote zu machen. Nicht nur gegen Corona, sondern zum Beispiel auch gegen Masern. Diejenigen, die mit einem in der EU nicht zugelassenen Covid-Impfstoff geimpft wurden, sollen nach Stiko-Empfehlung zusätzlich einmalig einen mRNA-Impfstoff bekommen.
Mehrere Gründe für Impfskepsis
Ob sich im Laufe der Zeit tatsächlich mehr Geflüchtete für eine Corona-Impfung entscheiden, wird sich zeigen, denn die Impfskepsis der Ukrainer ist Experten zufolge hoch. In postkommunistischen Ländern, insbesondere in denen, die nicht Teil der EU sind, sei das Vertrauen in staatliche Einrichtungen seit den 1990er Jahren kontinuierlich zurückgegangen, erklärt der Medizinhistoriker Malte Thießen gegenüber ZDFheute.
Hinzu kamen im Fall der Ukraine:
- Mehrere Desinformationskampagnen vom Impfgegnern seit den 2010er Jahren, vor allem gegen Masern
- Knappe Ressourcen für Corona-Impfaufklärungskampagnen
- Schlechte Infrastruktur des öffentlichen Gesundheitswesens
Erst seit einigen Jahren haben die Menschen in der Ukraine beispielsweise "freie Wahl bei Haus- und Fachärzten, was Anreize für eine bessere und vertrauensvollere Gesundheitsversorgung - eben auch bei Impfprogrammen - schaffen soll", erläutert Thießen.
Bei der Corona-Impfkampagne spielten die Haus- und Fachärzte als wichtige Stützpfeiler des Gesundheitswesens allerdings keine Rolle, sagt er. Stattdessen habe man auf mobile Impfteams gesetzt, die nur auf geringes Vertrauen bei der Bevölkerung stießen.
Gemeinsam mit der ukrainischen Botschaft führt das Gesundheitsamt Berlin Mitte eine Impfaktion durch. Das Angebot richtet sich an alle Menschen, die vor dem Krieg in der Ukraine geflüchtet sind.
Lauterbach: Keine Gefahr für EU-Bevölkerung
Ein Problem, das bestehen bleiben dürfte, da auch in Deutschland die Geflüchteten vor allem über Impfteams und Impfzentren geimpft werden sollen. Trotz der zahlreichen ungeimpften Menschen gibt es laut Bundesgesundheitsminister Lauterbach keine Gefahr für die Bevölkerung.
"Die europäische Bevölkerung muss nicht in Sorge sein, dass über die Flüchtlinge eine Gesundheitsgefahr importiert würde, die nicht beherrschbar wäre", sagte er Ende März am Rande eines EU-Gesundheitsministertreffens in Brüssel. Dennoch mahnte er: Die Impflücken müssten geschlossen werden.
- Wie geht es weiter mit den Geflüchteten?
Der Krieg in der Ukraine hat die am schnellsten wachsenden Fluchtbewegung seit dem Zweiten Weltkrieg ausgelöst. Heute beraten die EU-Innenminister, wie Europa damit umgehen kann.