Eine neue Virus-Variante alarmiert Europa. Wie gefährlich kann uns B.1.1.529 werden? Und sind die Vorsichtsmaßnahmen gerechtfertigt? Virologen geben bei ZDFheute eine Einschätzung.
Bislang gilt die Delta-Variante als die ansteckendste Form des Coronavirus. Eine neue Mutation könnte sie jetzt noch in den Schatten stellen: B.1.1.529. Die Virusvariante hat mehrere Mutationen, die nahelegen, dass sie leichter übertragbar sein und den Schutzschild von Impfstoffen durchbrechen könnte.
Neue Variante in Europa angekommen
Virologen in Südafrika wurden stutzig, als die täglichen Infektionsraten im Land innerhalb weniger Tage von einigen hundert Fällen auf mehr als 2.000 hochschnellten. Betroffen ist vor allem der Großraum um die Millionenmetropole Johannesburg und die Hauptstadt Pretoria. Mehrere Länder verschärfen nun zur Vorsicht ihre Einreiseregeln, auch Deutschland. Dennoch: Die neue Variante ist bereits in Europa angekommen. Die Untersuchung einer Virus-Probe in Belgien zeigte B.1.1.529.
Wie gefährlich ist die Variante tatsächlich? Was ist bisher über die Ansteckungsgefahr bekannt und wie sinnvoll sind die jetzt getroffenen Schutzmaßnehmen? ZDFheute hat mehrere Virologen um eine Einschätzung der Lage gebeten.
Wie gefährlich ist B.1.1.529?
Nach Angaben von Experten ist noch unklar, ob die neue Variante gefährlicher ist als die derzeit vorherrschende Delta-Variante. Doch sie scheint ansteckender zu sein: Die Virologin Ulrike Protzer, Leiterin des Instituts für Virologie der Technischen Universität München erklärt im Gespräch mit ZDFheute:
Denn die neue Variante habe in Südafrika die Delta-Variante verdrängt, so Protzer. Ob sie aber auch das Potential hat, sich weltweit zu verbreiten, wisse man im Moment nicht; ebensowenig, ob der Krankheitsverlauf schlimmer oder weniger schlimm ist.
Wie gut schützen Impfungen noch vor der Variante?
Friedemann Weber, Leiter des Instituts für Virologie an der Justus-Liebig-Universität Gießen, sagt mit Blick auf die Mutationen des Virus:
Diese Varianten könnten möglicherweise dafür sorgen, dass sich der Schutz durch Impfungen abschwächt, so Weber im Gespräch mit ZDFheute.
"Ich bin aber überzeugt, dass die herkömmlichen Impfstoffe auch bei der neuen Variante vor schweren Erkrankungen schützen", so Weber. Außerdem ließen sich die mRNA-Impfstoffe schnell anpassen. Biontech leitete genau dafür bereits erste Untersuchungen ein.
Sind die Reisebeschränkungen eine angemessene Reaktion?
Da sind alle von ZDFheute befragten Expertinnen und Experten einer Meinung: Die Reisebeschränkungen seien sinnvoll, heißt es einhellig. So könne man die globale Verbreitung einer neuen Variante verlangsamen. "Damit kann man Zeit gewinnen, um Daten für die Risikobewertung einer neuen Variante zu erheben und zu analysieren", erklärt Gérard Krause, Leiter der Abteilung für Epidemiologie am Helmholtz Zentrum für Infektionsforschung. Ähnlich sieht es auch der Frankfurter Virologe Martin Stürmer:
"Es wäre keine gute Idee, wenn diese Variante zu unseren bisherigen Problemen noch dazu kommt. Deshalb ist es besser, vorsichtig zu sein: Dass Südafrika wieder zum Hochvariantengebiet erklärt wurde und der Flugverkehr eingeschränkt wurde, halte ich für vollkommen richtig", so Stürmer.
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Zwei Medikamente gegen Covid-19 gelten derzeit als vielversprechend: Paxlovid und Molnupiravir – mit antiviralem Wirkstoff, der die Virusvermehrung im Körper hemmt.