Wer 60 Jahre und älter ist, der sollte sich ein viertes Mal gegen Corona impfen lassen. Das rät Bundesgesundheitsminister Lauterbach allen Menschen innerhalb der EU.
Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach will eine vierte Corona-Impfung für alle über 60-Jährigen. "Wir dürfen nicht vergessen, dass die Covid-Pandemie nicht zu Ende ist in Europa", sagte der SPD-Politiker am Rande von Beratungen mit seinen EU-Kollegen in Brüssel.
Lauterbach hofft auf europäische Empfehlung
Er wolle eine Diskussion anstoßen, "ob wir nicht eine europäische Empfehlung für die vierte Dosis der Impfung bekommen bei den Über-60-jährigen".
In dieser Altersgruppe könne dadurch die Sterblichkeit im Vergleich zur dritten Dosis noch einmal um 80 Prozent reduziert werden, wie Daten aus Israel ergeben hätten, sagte Lauterbach. Die EU-Kommission solle dazu aufgefordert werden, in Zusammenarbeit etwa mit der europäischen Arzneimittelbehörde eine entsprechende Empfehlung auszusprechen.
"Die Lage ist in Europa, was die Pandemie angeht, schlechter als das Gefühl der Menschen", sagte Lauterbach. Der Ukraine-Krieg ziehe zudem Aufmerksamkeit ab.
Neue Impfstoff-Entwicklung verzögert
Lauterbach betonte, dass es derzeit viel Impfstoff in Europa gebe, der nirgendwo fehle. Die Abnahme durch einkommensschwächere Länder stocke. "Somit müssen wir befürchten, dass in Europa Impfstoff vernichtet werden muss." Infrage für die vierte Dosis - also den zweiten "Booster" nach einem Grundschutz - komme der Impfstoff von Moderna oder Biontech/Pfizer.
Gesundheitsminister Dr. Karl Lauterbach, RKI-Chef Dr. Lothar Wieler und Dr. Susanne Johna beurteilen die aktuelle Corona-Lage als sehr ernst. Die Pressekonferenz in voller Länge.
Die Entwicklung von Impfstoffen, die an neue Corona-Varianten angepasst sind, verzögere sich seiner Kenntnis nach, sagte Lauterbach. Er rechne im Herbst, womöglich im September, mit den neuen Impfstoffen.
Keine Datenbasis für vierte Impfung für Unter-60-jährige
In Deutschland wird die vierte Dosis derzeit für Menschen ab 70 Jahren sowie für Menschen mit Risikofaktoren wie Immundefekten empfohlen. Daran ändere sich nichts, sagte Lauterbach. Die Frage sei lediglich, ob die Altersgrenze abgesenkt werde. Für Unter-60-Jährige könne die vierte Dosis dagegen nicht empfohlen werden, weil es dazu keine Daten gebe.
Mit Blick auf Deutschland hatte Lauterbach sich bereits vergangene Woche dafür ausgesprochen, offensiver bei Viert-Impfungen vorzugehen. Bisher hätten nur zehn Prozent der Menschen eine vierte Impfung, die dafür in Frage kämen.
Lauterbach: Keine Gefahr durch Impflücken von Flüchtlingen
Von den Impflücken bei Ukraine-Flüchtlingen geht nach Meinung von Lauterbach keine akute Gefahr für die Bevölkerung in der EU aus. Es bestünden tatsächlich große Lücken beim Impfschutz Geflüchteter nicht nur mit Blick auf Corona, sagte Lauterbach in Brüssel. Die europäische Bevölkerung müsse dennoch nicht in Sorge sein.
Dafür seien die Zahl der Ankömmlinge und die Impflücke nicht groß genug. Um die Lücken zu schließen, würden in Deutschland derzeit zunehmend die Impfzentren genutzt.
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