"Die Weihnachtsbotschaft findet vielleicht gerade in dieser schweren Zeit ihren Weg in unser Herz. Gott ist bei uns" - ein Gastbeitrag vom EKD-Vorsitzenden Heinrich Bedford-Strohm.
Kein Krippenspiel auf der Welt funktioniert ohne diesen Satz aus der Weihnachtsgeschichte des Lukas. Wir haben alle sofort Bilder vor Augen, wie Maria und Josef durch das Kirchenschiff ziehen, im Bühnenspiel von Tür zu Tür gehen und immer wieder abgewiesen werden: "Denn sie hatten sonst keinen Raum in der Herberge".
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Krippenspiele in Zeiten von Corona
Ich stelle mir vor, wie dieses Jahr Krippenspiele aussehen werden. Denn ausfallen muss das Krippenspiel auch unter Corona-Bedingungen nicht.
In Hannover hat eine Gemeinde das gesamte Krippenspiel im Vorfeld gefilmt. Maria und Josef müssen sich nach Bethlehem begeben und sich vom dortigen Gesundheitsamt registrieren lassen. Der Wirt lehnt die Aufnahme der Reisenden ab, weil die Corona-Auflagen eine Unterbringung verbieten. Und die Heiligen Drei Könige holen sich das Gold aus der örtlichen Sparkasse und den Weihrauch von der katholischen Nachbarkirche.
Weihnachtsgeschichte vermittelt Gottes Wirken unter uns
Es ist wichtig, dass uns diese Bilder, die wir aus der Weihnachtsgeschichte im Lukas-Evangelium mitnehmen, nicht verloren gehen. Wir brauchen diese Erzählung nicht, weil sie Folklore wäre, nicht weil sie dazu gehört wie der Tannenbaum im Weihnachtszimmer.
Nein, es ist die Geschichte, die facettenreich und anschaulich erzählt, wie Gott in dieser Welt wirkt. Er ist mittendrin. Auch den Menschen nahe, die nicht im Rampenlicht stehen. So nahe, dass er in einem verletzlichen kleinen Kind auf Erden kommt. Dass sogar die armen Hirten das Jesuskind finden können. So versteht im wahrsten Sinne des Wortes jedes Kind die großartige Weihnachtsbotschaft, das Evangelium Gottes.
Das Gemeindeleben in Jerusalem ist fast zum Erliegen gekommen. Gottesdienste dürfen nur unter bestimmten Einschränkungen stattfinden.
Pandemie füllt Weihnachtsbotschaft mit lebensweltlicher Bedeutung
Dieses Jahr gewinnt der Satz vom Anfang, "denn sie hatten sonst keinen Raum in der Herberge", auf eine ungewohnte Weise lebensweltliche Bedeutung. Maria und Josef verlassen ihr gewohntes Leben. Sie begeben sich auf einen ungewissen Weg, sie sind verletzlich.
Ihre Existenz ist noch nicht bedroht, Josef hat mit seinem kleinen Betrieb einige Rücklagen bilden können, aber lange darf er nicht wegbleiben. Sonst gehen ihm die Kunden verloren. Maria ist Erstgebärende, sie braucht bei der Geburt medizinische Hilfe, zumindest eine Hebamme.
Das Suchen, das Anklopfen und Hoffen auf Solidarität
Aber wenn die Hotels schon nicht verfügbar sind, wie sieht es wohl mit der medizinischen Versorgung aus? Als sie in Bethlehem ankommen, klopfen sie an Türen. Sie hoffen auf Unterstützung. Doch die meisten sind mit sich selbst beschäftigt. Und außerdem müssen sie sich ja an die gebotene Distanzpflicht und die Obergrenze für Versammlungen halten.
Anders als sonst und vielleicht auch mehr als sonst - so mag es nicht nur mir gehen - finden wir uns in Maria und Josef wieder in diesem Jahr. Verwundbar sind wir, vermissen das normale Leben. Viel Selbstverständliches und Liebgewordenes mussten wir aufgeben, scheinbar Alltägliches geht im Augenblick nicht mehr. Wir sind nicht auf der Durchreise, wir sind eher angehalten, ausgebremst.
Gefühl von Maria und Josef nachvollziehbar
Und doch kann ich dieses Jahr das Gefühl von Maria und Josef besonders nachvollziehen. Diese Sorge, dieses Suchen, das Anklopfen und bangende Hoffen auf Solidarität, die Existenzangst. Am Ende ist es ein Stück verloren gegangenes Heimatgefühl. Wir sind nicht wie Josef und Maria zu einer Volkszählung aufgebrochen, aufgebrochen, um uns "schätzen zu lassen".
Aber die Welt der Infektionszahlen, der Inzidenzwerte, der R-Werte und der Prozentsätze der Übersterblichkeit umgibt uns jetzt von morgens bis abends. Und sie trägt dazu bei, dass alles irgendwie anders ist dort, wo wir eigentlich zu Hause sind. Es ist die Bethlehem-Erfahrung der Maria und des Josef mitten in meinen gewohnten vier Wänden.
Kann wegen Bethlehem-Erfahrung gutes Weihnachten werden
Wir werden ein bethlehemitisches Weihnachten feiern. Ein Weihnachtsfest, bei dem uns manches fehlen wird, weil wir nicht die ganze Familie sehen können, weil wir uns nicht so frei bewegen und Besuche machen können wie sonst, weil wir nicht für ein paar Tage in den Schnee fahren oder uns im Urlaub fern der Heimat erholen können.
Kann es trotzdem ein gutes Weihnachten werden? Ich glaube schon. Vielleicht gerade wegen der Bethlehem-Erfahrung. Die Weihnachtsbotschaft findet vielleicht gerade in dieser schweren Zeit ihren Weg in unser Herz. Gott ist bei uns. Das Christuskind in der Krippe bringt ein Licht in die Dunkelheit, das niemand mehr auslöschen kann.
- Gottesdienste
Die Gottesdienst-Übertragungen im ZDF
Botschaft der Engel für unsere Herzen
Dieses Licht wird sichtbar werden, auch unter Corona-Bedingungen. Viele Menschen werden es sehen und in ihren Herzen spüren - im Gottesdienst in der Kirche oder im Freien, im Fernsehgottesdienst, dem Livestream-Gottesdienst oder in der Hausandacht, bei der wir die Weihnachtstexte lesen und aus der CD die Weihnachtslieder gesungen werden und wir innerlich oder äußerlich mitsingen.
Ich wünsche uns allen, dass die Botschaft der Engel an die Hirten in unseren Herzen Raum greift:
- Weihnachten 2020 – Ansteckungsgefahr hoch?
Die Weihnachtsplanung fordert dieses Jahr alle heraus. Dieses Familienszenario zeigt: Die Ansteckung kann hoch sein, wenn keine Maßnahmen getroffen werden. Eine interaktive Story: