Fast ein Jahr Corona: Einschränkungen, wirtschaftliches Desaster, weltweit viele Tote. Es scheint fast pietätlos, dem Virus etwas Gutes abzugewinnen. Aber es gibt auch Positives.
Es begann Mitte März vergangenen Jahres wegen Corona: Abstandsregeln, Kontaktbeschränkungen, privat und in der Geschäftswelt. Arbeitsplätze, wo immer es geht, werden nach Hause verlagert. Videokonferenzen, anfangs vielen noch fremd, sind auf einmal ein Forum, um sich dienstlich zu treffen. Das Gleiche bei Geschäftsreisen. Statt langer Anreise ein paar Klicks, los geht's.
Homeoffice: Mehr Privatleben bei gleicher Arbeitsleistung
Laut einer Studie des Borderstep-Instituts im Auftrag des Bundesministeriums für Bildung und Forschung hatten im November 2020 nur noch 27 Prozent der 500 Befragten keine oder nur geringe Erfahrungen mit Videokonferenzen. Anfang 2020 waren es noch 68 Prozent.
"Eine große Gruppe der Befragten", so Studienmacher Jens Clausen, "ist ausgesprochen zufrieden mit dieser Arbeitsweise". Kein Wunder: Das Entfallen des täglichen Arbeitsweges und der Dienstreisen spart viel Zeit und soll eine bessere Work-Life-Balance bringen, so der Idealfall.
"Wir kochen wieder regelmäßig zu Hause", sagt Vermessungsingenieur Thomas Stübke, der in Hannover beim Landesamt für Geoinformation und Landesvermessung Niedersachsen arbeitet. Seit fast einem Jahr sind er und seine Frau im Homeoffice. Vor Corona pendelte er täglich über 100 Kilometer ins Büro, war dazu zwei- bis dreimal pro Woche auf Dienstreise.
Videokonferenzen bleiben auch nach Corona populär
Laut der Studie wird ein beträchtlicher Teil der Änderung im Dienstreiseverhalten auch nach Corona bleiben.
Das bestätigen auch die Online-Kundengespräche, die Geschäftsführer Thorsten Windus-Dörr von Eins A Kommunikation in Hannover führt: "Dreiviertel der Geschäftsmeetings werden Videokonferenzen bleiben, vielleicht einmal im Monat Präsenztreffen, für das soziale Miteinander." Denn das sei auch wichtig - ab und zu. In Stübkes Team macht man sogar virtuelle Kaffeepausen. Kein Treffen in der Teeküche, sondern im Netz.
Weniger Verkehr und weniger Schadstoffausstoß während der Pandemie
Würde Deutschland bis 2030 aus der Kohle aussteigen, würde das 1,8 Milliarden Tonnen CO2 einsparen - damit könnten auch die Ziele des Pariser Klimaabkommens noch eingehalten werden. Aber erst 2038 ist Schluss mit Kohle, da kommt der coronabedingte Schadstoffrückgang im Personenverkehr gut zupass:
Immerhin rund drei Millionen Tonnen weniger Kohlendioxid-Ausstoß pro Jahr als vorher - das ist schon eine Hausnummer. Noch deutlicher: Der Anteil der PKW an der gesamten Fahrstrecke würde um knapp neun Milliarden Kilometer zurückgehen.
- Deutschland übertrifft Klimaziel
Wirtschaft und Verkehr werden in der Corona-Krise gebremst - der Treibhausgas-Ausstoß stark reduziert. So übertrifft Deutschland sein Klimaziel für 2020.
Aber auch Videokonferenzen kosten Energie. Der PC als solches, die Server im Hintergrund. Studienmacher Clausen wiegelt ab:
Neue Landliebe durch Corona?
Inwieweit das Homeoffice dauerhaft zum Klimaschutz beitragen wird? Ungewiss. Zwar entfällt auf den ersten Blick der tägliche Arbeitsweg. Aber beim Pendeln wurden Einkäufe und Besorgungen mit erledigt. Dafür fährt man jetzt extra los. Das Haus oder die Wohnung müssen mehr geheizt werden, auch das kostet Energie.
Und: Es beginnt eine neue Landliebe. Die Leute ziehen wieder raus, weil der tägliche Arbeitsweg entfällt - günstigerer Wohnraum, mehr Natur. Statt fünfmal nur noch einmal pro Woche ins Büro - wenn der Weg aber länger geworden ist, bleibt die energetische Seite gleich: Sowas nennt man Rebound-Effekt.
Unterm Strich bringt die neue, notgedrungene Arbeitsweise aber Mensch und Umwelt etwas - erstaunlich, wozu solch ein kleines Virus auch hier in der Lage ist.
- "Vier Millionen weniger Flugkilometer"
Eine neue Studie zeigt, Geschäftsmeetings werden verstärkt online durchgeführt. Ob das auch nach der Pandemie Bestand haben könnte, erklärt Unternehmensberater Fabian Kienbaum.