Der gesellschaftliche Zusammenhalt in Deutschland ist laut einer Bertelsmann-Studie in der Corona-Krise stabil geblieben. Unterschiedliche Wahrnehmungen haben sich aber verstärkt.
Die Corona-Pandemie ist noch längst nicht überstanden - doch bei den Deutschen gibt es laut einer Umfrage für die Gütersloher Bertelsmann-Stiftung nach dem ersten Höhepunkt des Infektionsgeschehens eine positive Bewertung des gesellschaftlichen Zusammenhalts in der Krise. Man sei nach Einschätzung der Menschen enger zusammengerückt.
Den Zusammenhalt bewerten die Menschen positiver als zu Jahresbeginn. Demnach fiel der Anteil derjenigen, die den Zusammenhalt in Deutschland gefährdet sahen, von 46 Prozent im Februar auf nur noch 36 Prozent im Mai und im Juni.
Mehr glauben: Menschen kümmern sich umeinander
Zugleich nahm der Umfrage zufolge während der Phase der weitreichenden Kontaktbeschränkungen und Schließungen der Anteil der Befragten ab, die der Meinung waren, dass sich die Menschen nicht um andere kümmerten. Dieser lag im Februar bei 41 Prozent, sank bis Mai und Juni aber auf 21 Prozent.
Die Ergebnisse basieren auf Umfragen, welche die Stiftung im Februar sowie im Mai und Juni im Rahmen ihrer größer angelegten Langzeitstudie "Radar gesellschaftlicher Zusammenhalt" organisieren ließ. Diese zeichnet seit 2012 nach, wie sich sozialer Zusammenhalt entwickelt und wahrgenommen wird.
Auch in einer längerfristigen Betrachtung gab es in den Augen der Menschen keine Verschlechterung des Zusammenhalts. Im Vergleich zu der Vorgängeruntersuchung 2017 blieben die Werte stabil. "Auch wenn viele Bürgerinnen und Bürger sich um das Miteinander Sorgen machen, zeigen unsere Daten: Der Zusammenhalt in Deutschland ist insgesamt weiterhin robust", kommentierte Unzicker das Ergebnis.
Einige soziale Gruppen sind pessimistischer
Nach Feststellung der Bertelsmann-Experten gibt es aber soziale Gruppen in der Gesellschaft, die den Zusammenhalt "systematisch" geringer bewerten als der Durchschnitt. Häufiger handle es sich dabei um Menschen ohne höhere Schulabschlüsse, in wirtschaftlich schwierigeren Verhältnissen und mit Migrationshintergrund.
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Vereinzelt herrscht größere Zukunftsangst
Auch Alleinerziehende und Alleinlebende seien darunter vergleichsweise oft zu finden. In den Gruppen herrsche auch größere Zukunftsangst. In der Corona-Krise hätten sich die unterschiedlichen Wahrnehmungen weiter verstärkt, berichtete die Stiftung.
Diejenigen, die schon vor der Pandemie viel Zusammenhalt erlebten, blickten aktuell auch optimistischer in die Zukunft, fühlten sich seltener einsam und hätten weniger das Gefühl einer gesellschaftlichen Belastung durch die Krise.
Stärker um Menschen ohne gesellschaftliche Anbindung kümmern
Die Politik müsse sich verstärkt um Menschen kümmern, die ein geringeres Maß gesellschaftlichen Zusammenhalts verspürten. Gerade durch ihre Erfahrungen während der Corona-Pandemie drohten "vor allem Alleinerziehende, Migranten und Personen mit geringer Bildung aus dem sozialen Gefüge herauszufallen", mahnte Unzicker.
Sollte sich die Lage im Bereich von Schule und Kinderbetreuung nicht bald deutlich entschärfen, gehe dies insbesondere zu Lasten dieser Gruppen. Die Politik müsse daher gezielt ein Netzwerk von Hilfs- und Versorgungsangeboten in deren direktem Umfeld aufbauen.
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