Das Gedenken zum 75. Jahrestag der Befreiung von Auschwitz konnte noch stattfinden. Andere KZ-Gedenkstätten müssen ihre Veranstaltungen wegen Corona absagen. Das ist ein Verlust.
Vor 75 Jahren ist das KZ Buchenwald von US-Truppen befreit worden. Wegen Corona gab es keine Gedenkveranstaltung, aber dafür einen Aufruf.
Die Corona-Krise erfasst auch die historische Erinnerung. Als im Januar 2020 das Virus noch weit entfernt schien, reisten neben den letzten Überlebenden auch viele Staatsoberhäupter wie Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier zum Gedenken an die Befreiung des Vernichtungslagers Auschwitz zum Ort des Geschehens.
Die Todesfabrik Auschwitz sollte ihre "Effizienz" 1944 noch steigern. Täglich starben Tausende Juden. Was die Opfer erlebten und die Täter antrieb, zeigen erschütternde Zeugnisse.
Jetzt mussten zahlreiche KZ-Gedenkstätten wie Buchenwald, Dachau und Bergen-Belsen die seit langem geplanten Gedenkfeiern absagen, die sie zum 75. Jahrestag der Befreiung dieser Lager geplant hatten. Zu groß ist die Infektionsgefahr, vor allem für die hochbetagten Überlebenden aus vielen Ländern, die ihr Kommen zugesagt hatten.
Das ist bedauerlich, denn zum einen reicht die Notwendigkeit der Erinnerung an den Holocaust über Auschwitz hinaus, wenngleich es als Sinnbild für den Mord an den europäischen Juden gilt. Zum anderen hinterließ die NS-Zeit viele weitere Orte, die zum Symbol wurden für Verbrechen wider die Menschlichkeit.
Der NS-Unrechtstaat beginnt schon 1933
Das NS-Regime forderte von den ersten Tagen der Machtübernahme an zahlreiche Opfer. Nachdem Hitler Ende Januar 1933 Reichskanzler geworden war, wurde das Konzentrationslager Dachau errichtet.
Nach 1933 bauen die Nazis ihre Macht immer weiter aus. Gegner verschwinden im KZ. Der Großteil der Bevölkerung lässt sich blenden – von Propaganda und der Illusion der "Volksgemeinschaft".
Die SS oder "Schutzstaffel", die ursprünglich als Personenschutz für Hitler und andere Parteiführer gegründet wurde, hielt hier willkürlich Gegner des Regimes gefangen und sicherte so die entstehende Diktatur der Nazis. Von hier aus spannte die SS, die den gesamten Polizeiapparat übernahm, ein Netz von über 1.000 Konzentrations-, Neben- und Vernichtungslagern über ganz Deutschland und die besetzten Gebiete.
Die ZDF-Dokumentationsreihe "Böse Bauten" beschäftigt sich mit dem baulichen Erbe aus der NS-Zeit. Das Ziel diesmal: Weimar, Buchenwald und Umgebung.
In ihnen wurden Millionen von Juden ermordet, aber auch Kommunisten, Systemkritiker, Sinti und Roma, Zeugen Jehovas, Homosexuelle, Kriegsgefangene und andere. Das Lagersystem, das zudem die deutsche Kriegswirtschaft mit Zwangsarbeitern versorgte, war ein elementarer Teil des nationalsozialistischen Unrechtsstaates.
Verneigung vor den Opfern
All dies sollte auf den geplanten Gedenkfeiern dieses Jahr zur Sprache kommen. Eine Erinnerung, die jetzt in dieser Form nicht stattfinden kann - ein großer Verlust. Natürlich ist historische Aufklärung auch jenseits von Gedenktagen möglich. Im Mittelpunkt stehen sollten bei den Zeremonien aber einmal mehr diejenigen, die damals überlebten, die gelitten haben, die verfolgt wurden und auch zu den diesjährigen Veranstaltungen an den Ort des Geschehens zurückkehren wollten.
Die vielleicht letzte Verbeugung vor ihnen, zu Lebzeiten, noch einmal am historischen Ort wird es nicht geben. Es darf nicht davon abhalten, sich dennoch 75 Jahre nach Kriegsende vor den Opfern der NS-Verbrechen zu verneigen und eigene Akzente zu setzen gegen das Vergessen.
Er hat das Konzentrationslager überlebt – und möchte der jungen Generation auf den Weg geben, dass man gegen Rassismus kämpfen muss.