Wegen Corona bieten US-Unis wie Harvard nur Online-Vorlesungen an. Deutsche Studenten müssen deshalb die Ausweisung fürchten. Jetzt haben sie einen Hilferuf nach Berlin geschickt.
Wegen der Corona-Pandemie haben US-Hochschulen angekündigt, im Wintersemester Vorlesungen nur online anzubieten. Für die US-Regierung ein Grund ausländische Studierende auszuweisen.
Teddy Lange studiert Public Policy an der US-Eliteuniversität Harvard im Bostoner Vorort Cambridge. Die Hochschule will - wie einige andere in den USA auch - im Herbstsemester wegen der Corona-Pandemie nur Online-Vorlesungen anbieten. Der 26-jährige Bremer wird deswegen womöglich zur Ausreise gezwungen.
Die US-Einwanderungsbehörde ICE hat angekündigt, ausländische Studierende, die ausschließlich Online-Kurse besuchten, müssten das Land verlassen.
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Nach einer Übersicht des "Chronicle for Higher Education" plant fast jede zehnte US-Universität, im Herbstsemester ausschließlich Online-Vorlesungen abzuhalten. Bereits vor der Pandemie sahen die US-Bestimmungen vor, dass Ausländer auf einem Studentenvisum nur sehr begrenzt Online-Kurse absolvieren durften. Im März wurde diese Regelung wegen der Corona-Krise gelockert. Nun soll sie wieder verschärft werden, obwohl die Pandemie in den USA alles andere als vorbei ist.
Harvard: Trump macht Druck auf Unis
Der amtierende Vize-Heimatschutzminister Ken Cuccinelli sagte dem Sender CNN, wenn Studenten nicht persönlich an Vorlesungen teilnähmen, gebe es auch keinen Grund für sie, im Land zu sein. Außerdem würden Universitäten so ermutigt, wieder zu öffnen. Kritiker sehen dahinter einen anderen Grund: Trumps Ansinnen, die USA trotz steigender Corona-Fallzahlen wieder zurück zur Normalität zu zwingen.
Trump - der auf eine Öffnung aller Schulen und Universitäten im Herbst dringt - sagte mit Blick auf Harvards Pläne:
Harvards Präsident Lawrence Bacow wirft der Trump-Regierung vor, Druck auf Universitäten ausüben, damit sie ihre Lehrsäle ohne Rücksicht auf Gesundheitsbedenken wieder öffneten. Gemeinsam mit der Elite-Universität MIT in Boston geht Harvard juristisch dagegen vor.
In den USA steigen die Corona-Neuinfektionen seit Wochen wieder deutlich. Jetzt haben sie einen traurigen Rekord gebrochen: 63.000 Neuinfektionen an einem Tag.
Studenten im Ungewissen - Hilferuf nach Berlin
Bis zu einer gerichtlichen Entscheidung hängen die ausländischen Studierenden in der Schwebe. Der deutsche Harvard-Student Maximilian Klein (27) aus Neunkirchen (Saar) hält die Maßnahme für einen weiteren Beleg von Trumps "fremdenfeindlicher Einwanderungspolitik".
Klein hat einen von fast 100 derzeitigen, früheren und künftigen deutschen Studenten unterzeichneten offenen Brief initiiert, in dem die Bundesregierung um Unterstützung gebeten wird. Unterstützung aus Berlin wäre ein wichtiges Zeichen nicht nur für die transatlantischen Beziehungen, sondern auch für die Freiheit von Forschung und Lehre, sagt der Student.
Zur Androhung der Ausweisung kommt die US-Einreisesperre für Ausländer aus dem Schengen-Raum hinzu - niemand weiß, wie lange sie noch gelten wird. Wer einmal die USA verlassen hat, kommt so leicht nicht wieder zurück. Teddy Lange ist deswegen dort geblieben. "Mein Lebensmittelpunkt ist hier", sagt der Student.
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