Woche der Demenz: Ein erfülltes Leben - trotz Alzheimer
Woche der Demenz:Ein erfülltes Leben - trotz Alzheimer
21.09.2022 | 16:51
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Demente Menschen und ihre Angehörigen in die Mittte der Gesellschaft rücken: Das soll die Woche der Demenz erreichen. Aus der Forschung gibt es derweil wenig Ermutigendes.
Demenz und Alzheimer - sie sind ein Schreckgespenst unserer Zeit. Während die Angst vor Krebs oder Herzinfarkt zurückgeht, nimmt die Furcht vor der unheilbaren Erkrankung des Gehirns zu. Viele Betroffene haben Angst vor dem Verlust an Würde und Verschwinden der eigenen Persönlichkeit. Die deutschlandweite Woche der Demenz - mit dem heute begangenen Welt-Alzheimertag als Höhepunkt - regt einen Perspektivwechsel an.
Immer mehr Demenzpatienten in Deutschland
Derzeit sind 1,8 Millionen Menschen in Deutschland von der Krankheit betroffen. Bis zum Jahr 2050 könnten es 2,8 Millionen werden, schätzen Experten. Dazu kommen Millionen Angehörige. Diese steigenden Zahlen sind zumindest teilweise auf eine immer älter werdende Bevölkerung zurückzuführen. Mehr als die Hälfte aller Betroffenen gehörten der Altersgruppe ab 80 Jahren an.
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Glücklich und zufrieden leben - auch mit Demenz
Vor diesem Hintergrund plädiert der Freiburger Rechtswissenschaftler Thomas Klie für einen Perspektivwechsel. "Recht auf Demenz. Ein Plädoyer" so heißt sein 2021 erschienenes Buch. Der Altersforscher ist überzeugt: Auch das Leben mit Demenz kann ein Leben mit Zufriedenheit und Glücksmomenten sein. Die bundesweite Woche der Demenz - rund um den Welt-Alzheimertag am Mittwoch - verfolgt einen ähnlichen Ansatz.
Auch für Menschen mit Demenz und ihre Angehörigen ist es wichtig, mit anderen verbunden zu bleiben.
Monika Kaus, Vorsitzende Deutsche Alzheimer Gesellschaft
"Demenz - verbunden bleiben" heißt das Motto der zahlreichen Veranstaltungen und Aktionen. Notwendig sei es, flexibel auf Hürden im Alltag zu reagieren, rät die Vorsitzende der Deutschen Alzheimer Gesellschaft Monika Kaus: "Wenn Frau Meier im Bus sitzen bleibt und nicht mehr weiß, wo auszusteigen - ihr Orientierung geben. Wenn der Freund die Diagnose Demenz erhält - den Kontakt nicht abreißen lassen; wenn die Mutter nach Worten sucht - ihr die Zeit lassen."
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Krankenhausaufenthalte sind belastend
Aus Sicht der Deutschen Stiftung Patientenschutz sind Krankenhäuser für demenzkranke Patienten ein gefährlicher Ort. Fremde Umgebung, fehlende Bezugspersonen, mangelnde Kommunikation und Hektik förderten ihre Ängste, sagte Vorstand Eugen Brysch. Zudem stellten Diagnostik und Therapie eine große Belastung dar.
Ein Krankenhausaufenthalt führt auch oft dazu, dass die Betroffenen stärker unter Orientierungslosigkeit und Unruhe leiden.
Eugen Brysch, Vorstand Deutsche Stiftung Patientenschutz
Brysch fordert von den Krankenhäusern, den Krankenkassen und dem Gesetzgeber, sich auf eine weiter wachsende Zahl von Demenzpatienten einzustellen. Jede Klinik müsse die Mitaufnahme einer Begleitperson ermöglichen. Zusätzlich brauche es spezielle Demenzbegleiter, die solche Patienten auf allen Stationen in den Blick nehmen und betreuen.
Alzheimer weiter nicht therapierbar
Währenddessen bleibt die Suche nach Medikamenten und Therapien weiterhin ziemlich erfolglos. So sei die Entstehung der Alzheimer-Krankheit, die 60 Prozent aller Demenzerkrankungen ausmacht, noch nicht abschließend verstanden,betont die gemeinnützige Alzheimer Forschung Initiative (AFI). Die Krankheit beginnt mit ersten Veränderungen im Gehirn schon bis zu zwanzig Jahre vor dem Auftreten der ersten Symptome. Dabei lagern sich Eiweiße an Nervenzellen ab, die dann absterben.
Uneins ist sich die Forschung darüber, ob diese Ablagerungen ursächlich für die Erkrankung sind. Diese Frage wird nicht erst seit der Zulassung des Medikaments Aduhelm in den USA heftig diskutiert. Denn Aduhelm beseitigt zwar die schädlichen Ablagerungen, hat aber laut AFI die Gedächtnisleistung der Patienten nicht verbessert.
Ursachen erforschen - statt Symptome bekämpfen
Es setzt sich immer mehr die Erkenntnis durch, dass es nicht das eine Medikament geben wird, das Alzheimer bei jeder Patientin und jedem Patienten in jeder Krankheitsphase heilen wird.
Thomas Arendt, Leiter Paul-Flechsig-Institut für Hirnforschung
Unter den Wissenschaftlern werden deshalb laut AFI immer mehr Stimmen laut, die auf einen breiteren Ansatz setzen. Es sei wichtig, auch weitere charakteristische Merkmale und mögliche Krankheitsursachen einzubeziehen, wie beispielsweise Entzündungsprozesse, Umwelteinflüsse und genetische Faktoren. "Eine zukünftige Alzheimer-Therapie wird verschiedene Ansätze kombinieren, um die individuell unterschiedlichen Krankheitsprozesse je nach Krankheitsstadium möglichst effektiv zu stoppen."