Sie hatte dem Schauspieler Missbrauch und häusliche Gewalt vorgeworfen: Nun muss Amber Heard eine Millionenstrafe wegen Verleumdung zahlen - doch auch Depp wurde verurteilt.
Sechs Wochen lieferten sie sich vor einem Gericht in den USA eine Schlammschlacht. Millionen Menschen konnten diese im Livestream mitverfolgen. Am Ende gibt es ein Urteil - und einen Sieger, der gleichzeitig auch Verlierer ist.
In dem Verleumdungsprozess zwischen Johnny Depp und seiner Ex-Ehefrau Amber Heard hat sich die Jury größtenteils auf die Seite von Depp gestellt - aber auch Heard in einigen Punkten recht gegeben. Das teilten die sieben Geschworenen der Richterin Penney Azcarate am Mittwoch vor Gericht im Bezirk Fairfax im US-Bundesstaat Virginia mit.
Schadenersatz für Johnny Depp und Amber Heard
Die Geschworenen bestätigten den Vorwurf Depps, Heard habe ihre Missbrauchsvorwürfe gegen ihn erfunden. Zugleich gaben sie Heard Recht, die erklärt hatte, sie sei von Depps Anwalt verleumdet worden, als dieser ihre Missbrauchsvorwürfe als Schwindel bezeichnete.
Beiden wurde Schadenersatz zugesprochen - zwei Millionen Dollar für Amber Heard, zehn plus fünf Millionen Dollar für Johnny Depp. Aufgrund einer entsprechenden Regulierung im Bundesstaat Virginia, reduzierte die Richterin letztere Summe. So kommt Depp ein Schadenersatz von insgesamt 10,35 Millionen Dollar zu. Amber Heard muss letztlich 8,35 Millionen an ihren Ex-Mann zahlen.
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Reaktionen auf das Urteil
Vor dem Gericht hatten sich zahlreiche Schaulustige und Fans vor allem von Depp versammelt, die nach dem Urteil in Jubel ausbrauchen und "Johnny, Johnny" riefen. Depps Anwaltsteam lag sich nach der Urteilsverkündung in den Armen. Der Hollywood-Star war nicht anwesend.
Depp bedankte sich in einem auf Instagram veröffentlichten Statement:
"Das Ziel, diesen Prozess voranzubringen, war von Anfang an, die Wahrheit ans Licht zu bringen - egal wie es ausgehen würde. Die Wahrheit zu sagen war etwas, was ich meinen Kindern und all denjenigen, die mich immer unterstützt haben, geschuldet habe. Jetzt, wo ich das geschafft habe, fühle ich eine inneren Frieden in mir." Für ihn habe nun ein neues Kapitel in seinem Leben begonnen.
Während der Urteilsverkündung hatte Heard keine Regung gezeigt, hörte mit gesenktem Blick zu, wie sie von der Jury Punkt für Punkt für schuldig befunden wurde.
Auf Twitter zeigt sich die 36-Jährige hinterher enttäuscht. "Die Enttäuschung, die ich heute fühle, kann man nicht in Worte fassen", schreibt sie im Kurznachrichtendienst. Sie sei noch enttäuschter über das, was dieses Urteil für andere Frauen bedeute.
Urteilsfindung drehte sich um Redefreiheit und Rufschädigung
In der Urteilsfindung ging es um komplizierte Rechtsfragen wie Redefreiheit, Vorsatz oder Rufschädigung - aber ebenso standen die Glaubwürdigkeit der Hollywood-Stars und die gegenseitigen Missbrauchsvorwürfe auf dem Prüfstand.
Wochenlang hatten die Anwälte beider Seiten Anschuldigungen von sexuellem Missbrauch, körperlicher Gewalt, Lügen und Drogenexzessen vorgebracht, unterlegt von Dutzenden Zeugenaussagen, Handyvideos und Tonaufzeichnungen mit Beschimpfungen.
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Depp geht zwar als Sieger aus dem Verleumdungsprozess hervor, aber er ist auch Verlierer in einer zur Schau getragenen Schlammschlacht, mit heftigen Anfeindungen, im Livestream von Gerichtskameras weltweit übertragen.
Depp wollte 50 Millionen Dollar - Heard 100
Der "Fluch der Karibik"-Star Depp hatte Heard auf Zahlung von 50 Millionen Dollar (46,7 Millionen Euro) verklagt. Er warf ihr vor, sie 2018 mit einem Gastbeitrag für die Zeitung "Washington Post" über Erfahrungen mit häuslicher Gewalt verleumdet zu haben. Heard reichte Gegenklage auf 100 Millionen Dollar ein, nachdem ein Anwalt Depps ihre Beschuldigungen als Schwindel bezeichnet hatte. Sie machte geltend, dass Depps Ex-Anwalt Adam Waldman mit einer Schmutzkampagne ihrem Ansehen geschadet habe.
Der Streit zwischen Depp und Heard tobt schon seit Jahren. 2016 hatte Heard nach nur 15 Monaten Ehe die Scheidung eingereicht. Sie warf dem Hollywood-Star häusliche Gewalt vor.
Vor rund zwei Jahren hatte Depp in London mit einer Klage gegen die Boulevardzeitung "Sun" eine Niederlage einstecken müssen. Es ging um einen Artikel, in dem behauptet wurde, Depp habe als Frauenschläger ("wife beater") Heard körperlich misshandelt. Nach einem Prozess mit heftigen Vorwürfen wies der High Court die Klage am Ende ab.
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