Diagnose Depression: Symptome und Hilfe für Betroffene

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    Depression: Mehr als nur traurig:Wenn der Weg zum Briefkasten zu viel ist

    von Nadine Braun
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    Depression ist eine der häufigsten psychischen Erkrankungen in Deutschland: Jede fünfte Person leidet im Laufe ihres Lebens daran. Wie es ist, daran zu erkranken - und was hilft.

    Ein Mann sitzt im Schatten auf dem Boden und stützt seinen Kopf mit seinen Händen. Bei einer Depression ist einem alles zu viel.
    Nach Schätzungen der WHO sind Depressionen bis zum Jahr 2020 der zweithäufigste Grund für Erwerbsunfähigkeit. Rund jeder Fünfte erkrankt einmal in seinem Leben daran13.02.2020 | 43:45 min
    Es war für Artur ein einzelner Moment in seiner Küche. Völlig überfordert von allem - von seinem Leben, seinem Beruf, seiner Beziehung - dachte er: "Ein schneller Ausweg wäre jetzt schön." Schon seit mehreren Jahren ging es schleichend bergab. Der Todes-Gedanke gab schließlich den Anstoß, sich Hilfe zu holen, um seine Depression zu behandeln. 
    Sie ist eine der häufigsten Erkrankungen in Deutschland: An Depressionen leidet jährlich etwa jede zwölfte Person.  

    Die Grafik zeigt die häufigsten psychischen Störungen in Deutschland: Angststörungen, affektive Störungen wie Depressionen und Alkohol- bzw. Medikamentensucht.
    Etwa jede*r Zweite erkrankt im Laufe des Lebens an einer psychischen Störung. Am häufigsten sind Angststörungen, gefolgt von affektiven Störungen wie Depressionen und Alkohol- beziehungsweise Medikamentensucht.

    In Deutschland wird pro Jahr bei 17,8 Millionen Erwachsenen eine psychische Erkrankung diagnostiziert, das ist mehr als ein Viertel der volljährigen Bevölkerung. Aber nicht einmal jeder Fünfte davon nimmt professionelle Hilfe in Anspruch. Manche sind nicht in der Lage, sich Hilfe zu suchen, andere haben Angst vor der Behandlung oder dem gesellschaftlichen Stigma. 

    Depression können alle treffen 

    Artur, 34, ist von einer Depression betroffen. Im Bild trägt er eine Brille und hat einen rötlichen Bart.
    "Selbst meinem schlimmsten Feind würde ich nicht wünschen, eine Depression durchzumachen", sagt Artur.
    Quelle: Privat

    Die psychische Erkrankung kann von der Kindheit bis ins hohe Alter auftreten. Bei Artur äußerte sie sich als eine immense Kraftlosigkeit: "An manchen Tagen konnte ich mich nicht einmal dazu bringen, einen Brief zum Briefkasten zu bringen." Er schob wochen- oder sogar monatelang Dinge auf und verlor den Spaß an seinen Hobbys. 

    Man zweifelt an sich selbst, ständig. Man hat das Gefühl, nie gut genug zu sein.

    Artur

    Hauptsymptome:
    • Verlust von Freude oder Interesse
    • gedrückte, depressive Stimmung

    Nebensymptome:
    • verminderte Konzentration und Aufmerksamkeit
    • deutlich verlangsamte Bewegung und Sprache
    • Appetitstörungen
    • Schlafstörungen
    • Antriebsmangel und erhöhte Müdigkeit
    • Hoffnungslosigkeit
    • Innere Unruhe
    • Schuldgefühle und vermindertes Selbstwertgefühl
    • Suizidgedanken/Suizidhandlungen

    Hinweis auf Depressionen:
    Mehr als zwei Wochen lang mindestens fünf Symptome, davon mindestens ein Hauptsymptom.

    Quelle: Stiftung Deutsche Depressionshilfe

    Es gibt nicht den einen Grund für Depressionen 

    Die Paar- und Familientherapeutin Angelika Völkel erklärt, dass Depressionen durch verschiedene Faktoren bedingt werden, zum Beispiel: 
    • genetische Veranlagung 
    • Faktoren in Entwicklung und Persönlichkeit 
    • möglicherweise Störung von Stoffwechselprozessen, die Hirnfunktionen beeinflussen 
    Oft gebe es allerdings konkrete Auslöser für Depressionen, erläutert Völkel. Auch bei Artur war es ein Zusammenspiel: Zum Mobbing in der Schule kam ein Helfersyndrom. "Ich war die seelische Müllhalde für Freunde", beschreibt der 34-Jährige. "Wer die ganze Zeit Müll auf sich lädt, muss sich nicht wundern, dass er darunter begraben wird." Zuletzt kam beruflicher Druck dazu. 

    Bei Frauen wird Depression häufiger diagnostiziert 

    11,3 der Prozent der Frauen leiden innerhalb eines Jahres an Depressionen, während offiziell nur 5,1 Prozent der Männer betroffen sind. Laut Völkel internalisieren Frauen ihre Probleme eher. Männer hingegen neigten eher zu Gereiztheit, Wut und Aggressivität. Dadurch würden Depressionen bei ihnen häufiger übersehen. 
    Vor allem Frauen sind von Depressionen betroffen. Die Infografik zeigt: 45 bis 64Jährige sind am stärksten betroffen.
    Quelle: ZDF

    Männer zögerten eher, professionelle Hilfe zu suchen, meint Völkel. "Ihnen fehlt häufig der Zugang, über sich selbst und ihre Gefühle zu sprechen." Die Gründe dafür seien vielfältig: Erziehung, das vorherrschende Männerbild, aber auch biologische Faktoren wie unterschiedliche Hormonspiegel. 

    Das hilft gegen Depression 

    Oft ist es schwer, ohne professionelle Hilfe einen Weg aus der Depression zu finden. Denn das Schwerste sei, findet Artur, die Negativspirale zu durchbrechen. "Die Depression raubt dir die Freude an deinen Hobbys. Du isolierst dich. Du hast nicht die Kraft für Hobbys. Du hast auch einfach keine Lust mehr." Psychotherapie gilt als unerlässlich für die Behandlung von Depressionen.  
    Was hilft gegen Depressionen - abgesehen von einer Therapie? Das hängt auch vom Schweregrad der Depression ab, wie die Infografik zeigt. Bei leichtgradigen Depressionen können Lichttherapie, Bewegung und Sport helfen. Bei schweren Depressionen können auch Medikamente helfen.
    Quelle: ZDF

    Was Artur zusätzlich sehr geholfen hat, waren Medikamente - und seine Krankheit mittels Therapien und Info-Angeboten besser zu verstehen. "So erkenne ich selbst, wenn es wieder stärker wird", sagt er, "und kann früher und gezielter Gegenmaßnahmen treffen." 

    Eine potenziell tödliche Krankheit 

    Etwa die Hälfte aller Menschen mit depressiven Störungen begehen in ihrem Leben einen Selbsttötungsversuch.

    Selbst meinem schlimmsten Feind würde ich nicht wünschen, eine Depression durchzumachen.

    Artur




    Redaktion: Kathrin Wolff
    Grafik im Auftrag des ZDF: Jens Albrecht

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