Was ist wahr und was nicht? Ein Psychologe und ein Kommunikationswissenschaftler über die Rolle von Lügen, Fake News und Desinformationen in Kriegs- und Krisenzeiten.
Brennende Gebäude, eingenommene Städte, Massengräber - viele Bilder, Videos oder Texte vom Krieg in der Ukraine lassen sich aus der Ferne schlecht überprüfen. Von den beiden Kriegsparteien gibt es oft sehr unterschiedliche Informationen zu den Ereignissen.
Nach den Massakern in Butscha behauptete das russische Verteidigungsministerium, Butschas Bürgermeister Anatoly Fedoruk habe in einem Video am 31. März bestätigt, dass sich keine russischen Truppen mehr in der Stadt aufhalten würden. Von Leichen Einheimischer sei dabei keine Rede gewesen, was von russischer Seite als Beleg für eine angebliche Inszenierung der Taten herangezogen wurde.
Dass der Bürgermeister gegenüber der Nachrichtenagentur AP bereits am 7. März über Leichen in den Straßen Butschas berichtete und auch später immer wieder russische Gewalttaten anprangerte, wurde von der russischen Regierung verschwiegen.
"Das erste Opfer eines Krieges ist die Wahrheit"
Schon lange spielen Lügen eine entscheidende Rolle im Krieg. Bereits vor 100 Jahren kam der amerikanische Politiker Hiram Johnson zu dem Schluss: "Das erste Opfer eines Krieges ist die Wahrheit."
Ähnlich äußert sich auch Matthias Gamer. Er ist Professor für Experimentelle Klinische Psychologie an der Universität Würzburg.
Als Beispiel nennt Gamer ein Treffen zwischen Adolf Hitler und dem damaligen britischen Regierungschefs Neville Chamberlain. "Chamberlain wurde damals von Hitler klar belogen", erzählt Gamer.
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Der Premierminister reiste 1938 nach Deutschland, um den schwelenden Konflikt in Europa zu entschärfen. "Basierend auf den Lügen von Hitler wurden in Großbritannien sicherlich auch bestimmte Entscheidungen getroffen, die Auswirkungen auf den Beginn des Zweiten Weltkrieges hatten." Hätten die Briten gewusst, dass sie belogen wurden, hätten sie wahrscheinlich anders entschieden.
"Und dann gibt es da noch den berühmten Auftritt von Colin Powell im UN-Sicherheitsrat", führt Gamer weiter aus. Gemeint ist eine Rede von US-Außenminister Colin Powell im Jahr 2003. Powell warf dem Irak damals den Besitz von Massenvernichtungswaffen vor und begründete damit die US-Intervention im Irak. "Hier hat Powell, wie sich später herausstellte, eindeutig gelogen."
Seit Anbeginn der Zeit gehört die Lüge zum Krieg. Als Propaganda wird sie zur mächtigen Waffe. Mit dem Wandel der Medien verändert sich auch der Krieg selbst.
Die Lügen von Wladimir Putin
"Ähnlich wird es nun mit Putin sein", analysiert der Psychologe. "Man kann nicht in den Kopf des russischen Präsidenten hineinschauen, aber vieles, was er sagt - da kann man sich sicher sein - wird Putin selbst nicht glauben. Und damit lügt er."
Auch Außenministerin Annalena Baerbock hat dem russischen Präsidenten Wladimir Putin vorgeworfen, zu lügen. Vor Kriegsbeginn waren die Politikerin und Kanzler Olaf Scholz nach Moskau gereist, um mit Putin in den Dialog zu treten. Damals stellte es Putin noch so dar, dass er keinen Krieg in der Ukraine plane. Rückblickend kommt Baerbock zu dem Schluss:
Nichtsdestotrotz will Baerbock an ihren Werten festhalten. Man könne nun nicht sagen, "weil der eine lügt, lügen wir jetzt auch".
Fake News und Desinformationen
Neben der Lüge ist im Zusammenhang mit dem Krieg in der Ukraine von Fake News oder Desinformationen die Rede. "Das Verständnis der Desinformation liegt sehr nah an dem der Lüge", sagt Psychologe Gamer.
Bei der Lüge und bei der Desinformation werde das Kriterium erfüllt, dass Kommunikatoren die Wahrheit kennen und trotzdem falsche Informationen verbreiten würden.
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Medien- und Kommunikationswissenschaftler Matthias Kohring von der Universität Mannheim erklärt dazu:
Narrative würden eine bestimmte Geschichte erzählen, mit deren Hilfe man Ereignisse einordnen und mit Sinn versehen könne, so Kohring. Deshalb warnt er:
Eigentlich ist russisches Staatsfernsehen in Deutschland seit Wochen verboten, doch Russlands Propaganda wird hierzulande weiterhin über das Videoportal TikTok und andere soziale Netzwerke an Russischsprachige verbreitet – auch zum Ukraine-Krieg.
Desinformationen im Ukraine-Krieg
So würde im Krieg gegen die Ukraine von russischer Seite das Narrativ verbreitet werden, Russland "befreie" das ukrainische Volk von einer "bösartigen Elite". "Damit dieses Narrativ des Befreiungskrieges geglaubt wird, muss man natürlich die entsprechenden Fakten liefern", so Kohring. "Wenn es diese Fakten nicht gibt, muss man sie halt erfinden." Der Medien- und Kommunikationswissenschaftler ergänzt:
Ein Beispiel hierfür ist die Bombardierung einer Geburtsklinik in Mariupol durch russische Truppen im März: Der russische Botschafter im UN-Sicherheitsrat warf der Ukraine vor, die Bilder und Videos verletzter Menschen mit Schauspielern inszeniert zu haben. Russlands Außenminister Sergej Lawrow leugnete den Angriff hingegen nicht, behauptete aber, dass sich dort keine Zivilisten, sondern ausschließlich rechtsradikale, ukrainische Kämpfer befunden hätten.
Lüge und Wahrheit: Meinungsmacher und die Macht der Informationen. Wie einflussreiche Persönlichkeiten unsere Geschichte prägen.
Nicht immer ist eine Lüge schlecht
Laut Psychologe Gamer ist aber nicht jede Lüge grundsätzlich verwerflich - auch nicht im Krieg.
Lügen werden erst dann problematisch, wenn sie aus egoistischen Motiven entstehen und andere dadurch Schaden nehmen, sagt Gamer. Man müsse immer individuell abschätzen, "ab wann eine Lüge für eine weitere Person Schaden erzeugt".
FAQ- Taktiken der Propaganda im Ukraine-Krieg
Der Ukraine-Krieg wirft neues Licht auf die Propaganda-Strategien des Kremls. Welche Taktiken Russland zur Meinungsmanipulation einsetzt, erklären Experten an aktuellen Beispielen.
von Lukas Wagner
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