Nicht nur auf Anti-Corona-Protesten, auch im Familien- oder Freundeskreis treffen unterschiedliche Ansichten über Corona-Maßnahmen aufeinander. Fünf Regeln für eine gute Debatte.
Die Corona-Krise und die Rückkehr in den Alltag spaltet die Gesellschaft: Den einen geht es nicht schnell genug, die anderen drücken auf die Bremse. Wie also reagieren, wenn im Familien-, Freundes- oder Kollegenkreis über die Corona-Maßnahmen anders gedacht wird?
Quelle: Privat
"Viele Leute denken, dass sie mit möglichst harten Bandagen in die Debatte gehen müssten, um das Gegenüber zu überzeugen. Dem ist aber gar nicht so", sagt die Argumentationstrainerin Romy Jaster. Es sei zunächst wichtig, dass man das Gegenüber da abholt, wo es gerade ist.
Jaster betreibt gemeinsam mit David Lanius das "Forum für Streitkultur", das sich für eine Verbesserung des politischen und öffentlichen Diskurses einsetzt. Folgende fünf Regeln sollen helfen eine konstruktive Diskussion zu führen.
1. Stellen Sie offene Fragen
"Grundsätzlich stellen Menschen in Diskussionen viel zu wenig Fragen", stellt die Argumentationstrainerin fest. "Offene Fragen sind besonders gut geeignet, um herauszufinden, was das Gegenüber überhaupt denkt." Die besten Fragen in einer Diskussion seien also: Warum denken Sie das? Wie kommen Sie zu diesem Standpunkt? Was sind ihre Gründe? So könne man herausfinden, wo das Gegenüber steht und es dort abholen.
Im Video erklärt Romy Jaster die fünf Regeln für eine gute Debatte:
2. Versuchen Sie, zu verstehen
Für die Expertin ist eines der Hauptprobleme in Diskussionen, dass man sich während die andere Person noch spricht bereits überlegt, was man kontern wird. "So verpasst man aber, wenn die Person vielleicht etwas sagt, was von dem Erwarteten abweicht." Deswegen rät Jaster gut zuzuhören und zu Beginn des Redebeitrags noch mal zu wiederholen, was man verstanden hat.
3. Bleiben Sie beim Thema
"Ein weiteres Problem in Diskussionen ist häufig, dass das Thema permanent gewechselt wird." In der Corona-Diskussion gibt es von Maskenpflicht bis zu Ausgangsbeschränkungen eine Vielzahl von Standpunkten, über die man sich streiten kann. "Aber eben nicht über alle auf einmal", warnt Jaster. Sie rät deshalb, sich auf ein Thema zu fokussieren und das Gegenüber auch darauf festzunageln.
4. Finden Sie Gemeinsamkeiten
"Unser natürlicher Impuls ist es, dagegen zu halten, wenn jemand etwas falsches sagt", stellt Jaster fest. Man solle sich aber viel eher fragen: Wo hat diese Person vielleicht Recht? In welchem kleinen Aspekt sind wir vielleicht einer Meinung?
Quelle: Alex & Jacob
"Das muss nicht mal in der Sache sein", so die Expertin. "Es kann eine Emotion sein wie: 'Nun, diese Pandemie macht mir auch große Angst.'" So könne ein gutes Klima geschaffen werden und es helfe, genau den Punkt zu finden, an dem die Auffassungen auseinander gehen.
5. Bleiben Sie sachlich
Corona-Debatten werden häufig emotional geführt, denn die Maßnahmen treffen jeden einzelnen ganz persönlich im alltäglichen Leben. "Da kann die Stimmung schnell hochkochen", stellt Jaster fest. Es helfe diese Emotionen zu benennen, um sie aus dem Weg zu räumen. "Ich würde nicht empfehlen, so zu tun, als sei das kein aufregendes Thema, sondern viel mehr diese emotionale Dimension einmal klar anzusprechen."
Wann eine Diskussion sinnvoll ist
Auch wenn Jaster davon überzeugt ist, dass sich gerade jetzt in der Corona-Krise die Möglichkeit ergibt, auszuhandeln, wie unsere Gesellschaft zukünftig zusammen leben will, könne man nicht immer und mit jedem diskutieren. Der (Zeit-)Rahmen müsse stimmen. "Und es gibt natürlich auch Positionen, die man als so abscheulich einstuft, dass eine konstruktive Diskussion gar nicht der richtige Zugang ist."
Weitere Regeln für eine gute Debatte von Romy Jaster und David Lanius finden Sie hier.
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