Die documenta kommt nicht zur Ruhe. Nach neuen Antisemitismus-Vorwürfen gegen die Kunstausstellung fordert nun FDP-Generalsekretär Djir-Sarai weitergehende Untersuchungen.
Nach der jüngsten Antisemitismus-Kritik an der documenta fordert die FDP einen vorläufigen Stopp der Kunstschau. FDP-Generalsekretär Bijan Djir-Sarai sagte am Donnerstag der Deutschen Presse-Agentur:
Die Vorfälle müssten zunächst aufgeklärt und die Ausstellung umfänglich auf weitere antisemitische Werke und Inhalte überprüft werden.
"Es kann nicht sein, dass die Ausstellung weiterhin finanzielle Mittel aus dem Bundeshaushalt erhält, geöffnet ist und Besucher empfängt, während diese ungeheuerlichen Vorgänge nicht restlos aufgeklärt und unterbunden sind", sagte Djir-Sarai.
Auf der documenta fifteen in Kassel waren zuvor weitere als antisemitisch kritisierte Motive gefunden worden. Nach Angaben der Recherche- und Informationsstelle Antisemitismus Hessen (RIAS Hessen) hatte ein Besucher der Weltkunstschau entsprechende Darstellungen im Museum Fridericianum bemerkt und RIAS Hessen gemeldet.
Scharfe Kritik jüdischer Verbände
Auch jüdische Organisationen kritisierten am Donnerstag den documenta-Interimsgeschäftsführer Alexander Farenholtz und forderten zum Teil seinen Rücktritt. Das American Jewish Committee (AJC) Berlin verlangte, die documenta fifteen müsse "vorzeitig beendet werden".
Der Präsident des Zentralrats der Juden in Deutschland, Josef Schuster, zeigte sich fassungslos:
Mit Blick auf die neuen Funde umstrittener Bilder sagte Schuster: "Auch Herr Farenholtz selbst konnte oder wollte keinen Antisemitismus erkennen." Dass die documenta wie geplant bis 25. September laufen könne, erscheine "kaum mehr vorstellbar".
Der jüdische Verein "Werteinitiative" forderte den Rücktritt von Farenholtz: "Er relativiert offensichtlich antisemitische Stereotype und verklärt diese als unproblematisch." Damit sei Farenholtz "nicht mehr tragbar", so der Vereinsvorsitzende Elio Adler.
Zeichnungen "leider lediglich intern bewertet"
Auch Die Gesellschafter der "documenta fifteen" haben einen fehlerhaften Umgang mit den als antisemitisch kritisierten Zeichnungen des syrischen Künstlers Burhan Karkoutly eingeräumt. Sie gingen nun davon aus, dass die künstlerische Leitung die Zeichnungen bis zu einer angemessenen Kontextualisierung aus der Ausstellung nehmen werde, teilten die Stadt Kassel und das Land Hessen am Donnerstag in einer gemeinsamen Stellungnahme mit.
Die Frage, ob bei den Zeichnungen Karkoutlys antisemitische Bildsprache vorliege, sei "leider lediglich intern bewertet" worden und nicht von externen Experten. Der Umgang mit den Bildern zeige, "wie dringend notwendig die externe Expertise bei der Analyse von Werken auf antisemitische Bildsprache ist".
Nach Angaben der Gesellschafter war die documenta-Leitung bereits vor drei Wochen von einer Besucherin auf die als Archivmaterial präsentierten Zeichnungen aufmerksam gemacht worden. Danach sei es versäumt worden, eine geeignete Kontextualisierung vorzunehmen und die Besucherin über das Ergebnis zu informieren. Diese Vorgänge hätten allerdings nicht unter der Verantwortung von Interimsgeschäftsführer Alexander Farenholtz stattgefunden, "der diese Versäumnisse nun nachholen möchte".