Häufig stehen sie einfach nur im Weg und behindern Fußgänger und Radfahrer: E-Scooter. Drei Jahre nach ihrer Einführung suchen Städte noch nach Lösungen für den Wildwuchs.
Es war eines der Lieblingsprojekte des damaligen Verkehrsministers Andreas Scheuer (CSU): die Einführung des Elektrorollers vor drei Jahren. Doch die bisherige Bilanz fällt ernüchternd aus.
Städte suchen nach Lösungen für E-Scooter-Problem
Als Scheuer gewohnt öffentlichkeitswirksam mit dem Elektro-Roller über die Flure des Verkehrsministeriums zuckelte, hieß die Botschaft: Dieses Gerät ist die Lösung für die "letzte Meile", es sollte das Auto in Innenstädten weitgehend überflüssig machen.
Regeln, wo und wie der Scooter genutzt werden darf, wurden den Betreibern damals nicht auferlegt. Doch nach fast drei Jahren versuchen immer mehr Städte, die E-Scooter wieder loszuwerden. Oder zumindest einzudämmen.
Parkzonen, Verbote, Gebühren
Beispiel Frankfurt: Verkehrsdezernent Stefan Majer (Grüne) zeigt stolz auf die neu eingerichtete Parkzone an der Berliner Straße gegenüber der Paulskirche. "Wir haben hier ein neues Verkehrsschild kreiert", sagt er und deutet auf das Scooter-Symbol über ihm. Dann wird er ernst: "Hier darf man die Elektroroller abstellen. Und zwar nur hier."
Auch andere deutsche Großstädte gehen gegen die Roller-Auswüchse vor. Düsseldorf begrenzt die Zahl der Scooter auf maximal 8.000. Und verlangt von den Anbietern eine jährliche Sondernutzungsgebühr von 50 Euro pro Stück. Noch rigoroser ist man im skandinavischen Ausland. Oslo hat ein Nachtfahrverbot verhängt. Kopenhagen hat die Roller aus der gesamten Altstadt verbannt.
Frankfurts Stadtrat Majer berichtet von Hunderten erbosten Zuschriften von Bürgern. Es sei das Aufregerthema Nummer eins. Betrunkene Jugendliche, die zu zweit oder zu dritt die Fußgängerzone unsicher machten. E-Scooter auf Gehwegen als gefährliche Stolperfallen oder als aufgetürmte Schandflecke in Grünanlagen. Majer musste handeln. Und er durfte handeln, nachdem ein Gericht festgestellt hatte, dass es sich beim Abstellen des Scooters um eine erlaubnispflichtige Sondernutzung handele.
Verleihfirmen begrüßen Abstell-Konzept prinzipiell
Nun sei endlich Schluss mit den "Wildwestmanieren", die Scheuer ermöglicht habe, so Majer. Die ersten Abstellflächen in der Frankfurter Innenstadt sind nun eingerichtet. Im Einvernehmen mit den fünf in Frankfurt vertretenen Verleihfirmen, betont der Mobilitätsdezernent, denn "die haben ja auch kein Interesse, als Buhmänner dazustehen."
Das bestätigt Peter Russ vom Anbieter Tier Mobility. Er begrüßt das neue Abstell-Konzept der Stadt Frankfurt. Allerdings käme es darauf an, dass die Parkzonen nie weiter als 150 Meter voneinander entfernt seien. Sonst sei die Flexibilität als große Stärke der E-Scooter nicht mehr gegeben. Bei größeren Entfernungen wäre das Geschäftsmodell Leih-Scooter wohl am Ende.
So sieht es auch der Unfall- und Verkehrsforscher Siegfried Brockmann. Wenn die Funktion "letzte Meile" aufrechterhalten werden solle, dann dürften zwischen den Parkzonen nicht mehr als 100 oder 200 Meter liegen, so Brockmann.
Welche Rolle spielen Leihroller bei Verkehrswende?
Sinn machen für ihn ohnehin eher Elektroroller im Privatbesitz. Mit denen könne man beispielsweise von Zuhause bis zur S-Bahn-Station fahren, dann das Gerät bequem im Zug mitnehmen und anschließend zum Arbeitsplatz fahren. Auch die Öko-Bilanz wäre dann besser, weil die Geräte daheim an der Steckdose aufgeladen würden. Ganz anders bei den Leihfirmen. Die müssen jeden Tag Lkw losschicken, um die Roller wieder einzusammeln oder zumindest die Batterien auszutauschen.
Dennoch ist Peter Russ von Tier Mobility immer noch überzeugt, dass der Leihroller einen wichtigen Beitrag zur Verkehrswende leisten kann. In den Statistiken sehe man, dass die Nutzung zunehmend morgens und nachmittags - also zu typischen Pendlerzeiten - ansteige. Wichtig sei ein rascher Ausbau von Radwegen, denn dort könnten sich die E-Scooter gut gegen die Konkurrenz behaupten.
Verkehrsforscher: Unfälle mit Elektrorollern häufen sich
Und auch Frankfurts Verkehrsdezernent glaubt, dass die E-Scooter noch eine Chance haben. Das Verkehrsmittel der Zukunft heiße Vernetzung, so Majer. Es werde gerade intensiv an Konzepten gearbeitet, wie die verschiedenen Verkehrsmittel besser zusammenspielen könnten.
Kritischer sieht es Verkehrsforscher Brockmann. Genutzt würden die Fahrzeuge nun zunehmend von Touristen. Das werde man in diesem Sommer nach zwei Corona-Jahren erleben. Und dann sei die Frage: Welche Legitimation haben die E-Scooter, wenn sie statt zur Verkehrswende zu mehr Gefahr im Straßenverkehr beitragen? Denn auch das ist Teil der Bilanz: Die Unfälle mit Elektrorollern häufen sich. Und in den allermeisten Fällen sind die Scooter-Fahrer auch die Unfallverursacher.