Sieben Jahre stand Bedford-Strohm an der Spitze der Evangelischen Kirche Deutschlands. Heute hält er vor der Synode das letzte Mal seinen Ratsbericht. Eine Bilanz seines Wirkens.
Die Ökumene machte Fortschritte, die gegenseitige Einladung zu Abendmahl und Eucharistie am diesjährigen Ökumenischen Kirchentag ist nur ein Zeichen hierfür. Das gemeinsame Auftreten des EKD-Ratsvorsitzenden Heinrich Bedford-Strohm mit dem unlängst zurückgetretenen Vorsitzenden der Bischofskonferenz Kardinal Marx war auch ein sichtbares Zeichen der Gemeinsamkeit beider Kirchen in vielen gesellschaftlichen Fragen.
Zum Reformationsjahr 2017 galt: Sind die Unterschiede oder die Gemeinsamkeiten entscheidend? Statt Lutherfestspielen wurde ein Christusfest gefeiert. Das Verbindende sollte im Mittelpunkt stehen.
Gottesdienst zum Auftakt der EKD-Synode in Bremen:
"Küssen kann man nicht alleine, denn dazu braucht es einen anderen Mund", soweit im Chanson. Frieden gibt es nicht alleine, denn dazu braucht es Gerechtigkeit, steht in der Bibel.
Bedford-Strohm für Verjüngung der Kirche
Einer von den beiden Kirchen in Auftrag gegebenen Studie zufolge werden sie im Jahr 2060 die Hälfte ihrer Mitglieder verloren haben. Zukünftig jüngere Menschen zu gewinnen - eine Herausforderung. Eine selbstverständliche Mitgliedschaft in der Volkskirche, wie es für Generationen zuvor galt, vor allem im Westen Deutschlands, gibt es nicht mehr.
Bedford-Strohm hat sich immer wieder für eine Verjüngung der Kirche und mehr Ansprache der Jüngeren auf den digitalen Plattformen stark gemacht. Und tatsächlich hat sich etwas getan. So sind die Delegierten der Synode der Evangelischen Kirche mittlerweile zu knapp einem Fünftel zwischen 20 und 30 Jahre und die Präses der Synode, Anna-Nicole Heinrich, ist 25 Jahre alt.
Allmorgendliche Botschaft bei Facebook
Mit gutem Beispiel geht er mit seiner allmorgendlichen Botschaft auf Facebook voran. Trotz vieler neuer Formen digitaler Kommunikation gerade in Zeiten der Pandemie bleibt es die Aufgabe der Kirche, im Angebotsrauschen der vielen Influencer und Plattformen Gehör zu finden.
In der Evangelischen Kirche gibt es Kritiker, aber auch Unterstützer der Sea Watch 4. "Und das in einem Maß, das ich selbst nicht erwartet hätte", sagt Bedford-Strohm.
EKD rettet Menschen im Mittelmeer
Ein Herzensprojekt von Bedford-Strohm ist auch die Seenotrettung von Flüchtlingen auf dem Mittelmeer. Tatenlos dem Sterben zusehen, das ist für ihn und viele Menschen in der Evangelischen Kirche keine Option.
Das betont er immer wieder.
Als die EKD entschied, das Bündnis "United4Rescue" zu initiieren, gab es auch Gegenstimmen. Schiffe zu unterstützen, die im Mittelmeer im Einsatz sind, sei nicht die Aufgabe der Kirche, hieß es. Auch wenn es zu Kirchenaustritten kam, die Evangelische Kirche gewann mit diesem Engagement an Profil. Mittlerweile konnten mit den auch von der Kirche unterstützten Schiffen etwa 2.000 Menschen geborgen werden.
Handlungsbedarf der Kirche bei sexualisierter Gewalt
Bleibt das Thema "sexualisierte Gewalt in der Kirche". Hier ist Bedford-Strohm selbstkritisch und unzufrieden mit dem Erreichten.
Trotz der Zahlungen an Betroffene, trotz einer in Auftrag gegebenen Studie zur Ermittlung von Ursachen der sexualisierten Gewalt in kirchlichen Institutionen und der Kirche und trotz der Einrichtung eines Betroffenenrates, der schließlich ausgesetzt wurde: Die Aufarbeitung lief sehr langsam und es gelang zudem nicht, unabhängige Aufarbeitungskommissionen einzurichten.
- Evangelische Kirche: Aufarbeitung auf Raten
Auch die Evangelische Kirche muss sich mit Fällen von sexualisierter Gewalt befassen, seit Jahrzehnten tun das die Landeskirchen. Die Gesamt-Kirche fand erst spät eine Antwort.
Amt des EKD-Vorsitzenden ist immer auch politisch
Und so dominiert dieses Thema die Evangelische Kirche in der Außenwahrnehmung weiterhin. Das Amt des Ratsvorsitzenden ist immer auch ein politisches und manchmal tritt das Geistliche zurück. Nicht so bei Bedford-Strohm.
Seine Frömmigkeit trägt er nicht zur Schau, aber es wird sichtbar, welcher Glaube ihn trägt und begleitet. Mit dabei sind Freundlichkeit und Zuversicht. Und auch dies sind Eigenschaften, die das Gesicht der Evangelischen Kirche unter seinem Ratsvorsitz geprägt haben.
Reinold Hartmann leitet die ZDF-Redaktion Kirche und Leben evangelisch.
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