Computer in Rechenzentren erzeugen rund um die Uhr Wärme. Diese Abwärme lässt sich nutzen, um Wohnungen zu beheizen. Ein Pariser Unternehmen hat einen Heizkörper entwickelt.
Fossile Brennstoffe sind absolute Klimakiller, belegen dennoch beim Beheizen von privaten und öffentlichen Gebäuden immer noch den ersten Platz. Dabei gibt es klimafreundliche Alternativen.
Wenn die Ingenieurin Thiphaine Perez-Zanca einen Heizkörper in Betrieb nimmt, dann dreht sie keinen Hahn auf, sondern verbindet ihn per Glasfaser mit dem Internet - denn durch die Geräte der Firma Qarnot fließt kein Wasser, sondern Daten, die für Wärme sorgen. Damit macht sich das Pariser Start-up zunutze, was die digitale Infrastruktur zunehmend herausfordert: rasant wachsende Datenmengen.
Bedarf an Rechenleistung verzehnfacht
Alleine in den letzten zehn Jahren hat sich der Bedarf an Rechenleistungen verzehnfacht. Keine Videokonferenz, kein Streaming oder großer Online-Shop kommt mehr ohne Rechenzentren aus. Dabei können diese echte Energiefresser sein.
So verbrauchen laut einer Studie des Borderstep-Instituts alleine die deutschen Rechenzentren mehr Strom als ganz Berlin. "Bei der Datenverarbeitung in einem Rechenzentrum entsteht viel Wärme. Deswegen müssen Rechenzentren mit Klimaanlagen gekühlt werden", erklärt die Ingenieurin Thiphaine Perez-Zanca, die für das französische Unternehmen Qarnot arbeitet.
Daten rechnen, wo Wärme gebraucht wird
Statt die Wärme mit hohem Energieaufwand zu kühlen und abzuführen, lässt Qarnot die Computer dort rechnen, wo Wärme benötigt wird: in Wohnungen und Büroräumen. "Wir lagern die Rechenleistungen aus, verteilen sie auf Heizkörper und liefern damit Heizungswärme", erklärt die Französin Perez-Zanca. In der Heizung, die die Ingenieurin zusammenbaut, befinden sich drei Computer.
Je nach gewünschter Temperatur rechnen ein, zwei oder alle drei Computer gleichzeitig in der Heizung und erzeugen so Raumwärme. Die Daten, die in den Heizungen berechnet werden, kommen von Kund*innen mit einem hohen Rechenbedarf wie Banken oder Forschungseinrichtungen. Sie kaufen die Rechenleistung der Computer bei Qarnot ein und lassen die Daten in den Heizkörpern verarbeiten.
"Der Datenverkehr ist komplett verschlüsselt", so die Ingenieurin Perez-Zanca und erklärt, dass die Informationen zu keinem Zeitpunkt in dem Heizkörper gespeichert werden. Das mache sie besonders sicher vor Angriffen von außen.
Heizen ist nach der Anschaffung kostenlos
Gerade in Zeiten von Corona und Homeoffice steigt in den meisten Haushalten der Verbrauch von Heizenergie. Steigende CO2-Preise treiben die Heizkosten zusätzlich in die Höhe. Mit Wärme aus Computern könnten Verbraucher*innen diese Kosten senken. Je nachdem, wie gut ein Haus isoliert ist, lässt sich mit einem einzelnen Heizkörper ein bis zu 25 Quadratmeter großer Raum beheizen.
Die einzige Voraussetzung: Das Haus muss an das Glasfasernetz angeschlossen sein, damit die Daten auch schnell fließen können. Dabei hat die neue Technologie ihren Preis. Die Kosten für eine Computerheizung liegen mit rund 2.700 Euro deutlich über dem Anschaffungspreis eines herkömmlichen Heizkörpers.
Mit einem wesentlichen Unterschied: "Nach der Anschaffung entstehen keine weiteren Heizkosten für den Verbraucher", betont Quentin Laurens, Sprecher des französischen Startups. Denn die Stromrechnung für die Heizungen bezahlt zukünftig das französische Unternehmen. Die Anschaffungskosten haben sich so bereits in weniger als zehn Jahren amortisiert, erklärt Laurens. Danach ist das Heizen für die Bewohner*innen kostenlos.
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Bereits 2.000 Heizkörper verbaut
Das Team von Qarnot hat bereits 2.000 seiner Heizkörper verbaut, vor allem in Sozialwohnungen, in Unternehmen und öffentlichen Gebäuden. Um die Abwärme der Computer auch im Sommer zu nutzen, hat das Start-up auch einen Warmwasserboiler entwickelt.
Dafür erhitzt das Unternehmen mithilfe der Computer-Abwärme Wasser auf bis zu 60 Grad Celsius. In Bordeaux wurde bereits ein Sozialwohnungskomplex mit den Heizkörpern ausgestattet, jetzt gibt es die Überlegung, dort auch die Warmwasserboiler zu verbauen.
Bald in Deutschland erhältlich
In einer Zeit, da der Ruf nach erneuerbarer Energie groß ist, könnte die Computerheizung helfen, neben Kosten auch CO2 einzusparen. Gerade im Wärmesektor schaden alte Heizungen und schlechte Dämmungen der Umwelt. Wieso also nicht eine bislang ungenutzte Wärmequelle nutzen?
"Die umweltfreundlichste Wärme ist die, die bereits vorhanden ist", sagt Qarnot-Sprecher Quentin Laurens. "Um ökologischer zu heizen, sollten wir damit beginnen, die Wärme zu nutzen, die in der Stadt vorhanden ist. Die Abwärme, die durch Aktivitäten entsteht, deren primäres Ziel nicht die Herstellung von Wärme ist. So backt der Bäcker mit einem Ofen Brot, aber er kann damit auch seinen Laden beheizen."
Derzeit verkauft das französische Start-up seine Heizungen in Frankreich und Finnland. Im nächsten Schritt soll das Angebot auf Deutschland und Skandinavien ausgeweitet werden.